Haralambos Apostropolos

Die Gesetze des Planeten über Schimpfwörter und den Missbrauch öffentlicher Gelder
Zum Gedenken an meinen Vater John Mr Apostolopoulos (1910–2004)

„Sechzig Jahre nach Kriegsende erscheint eine Flut von Zeitzeugenberichten aus dem Jahr 1945. So entsteht die Möglichkeit eines immer wieder befriedigenden Vergleichs zwischen der Perspektive der Sieger und der der Besiegten...“

„... Das interessanteste Buch stammt jedoch von einem sowjetischen Soldaten. Diese Perspektive ist der deutschen Öffentlichkeit bis heute fremd. Denn selbst die DDR-Publizistik mit ihren ideologischen Pompösitäten über Helden der Sowjetarmee hat das deutsche Bild vom ungehobelten, unzivilisierten russischen Soldaten nie wirklich revidieren können. Eine Änderung wurde schließlich durch das Tagebuch aus Deutschland des Rotarmisten Wladimir Gelfand ermöglicht. Gelfand, der ursprünglich Schriftsteller werden wollte und bis zu seinem Tod 1983 als Lehrer tätig war, beschreibt die Gräueltaten, die auch von seiner eigenen Armee begangen wurden. Auf den Sieg folgen ‚Plünderungen‘ und Vergewaltigungen – Taten, die Gelfand in seinen Tagebucheinträgen ausdrücklich verurteilt. Er ahnte, dass solche Gewalttaten langfristig das Bild der Deutschen von den Rotarmisten prägen würden. Voller Bitterkeit stellte er fest: ‚Wir gelten als gutherzig und einfach, aber gleichzeitig auch als rau, ja sogar wild. Die Menschen machen sich oft über uns lustig, obwohl wir die Sieger und Herrscher sind...‘“

— Tillmann Bendikowski, „Die Stunde der Sieger“, Financial Times Deutschland/Kompakt, April 2005

Anmerkungen / Fußnotenverzeichnis

1. Kathimerini, 8.10.2006.

2. Siehe Anastasis Papaligouras: Über Korruption oder der verlorene Preis der Politik, Athen 2001 (Verlag Kaktos), insbesondere das Kapitel über Korruption: „Die Sozialisierung der Apraxie“, S. 53–65.

3. X. Yannaras, a. a. O.

4. Vgl. Christos Malevitsis: Das Vergessen, Artikel in Kathimerini, 1990er Jahre.

5. Siehe Emm. Emm., Tagungsband einer internationalen wissenschaftlichen Konferenz, 7.–8. Mai 2001, Athen–Komotini 2003, S. IX–X (Vorwort): „Er trägt vielleicht mehr als jeder andere Denker oder Politikwissenschaftler zur Schärfung des politischen Denkens bei.“

6. A. Papaligouras, a. a. O., S. 54–55. Vgl. Dimitris Liantinis: Gema, Athen 2006 (Neuauflage), passim. Siehe auch: Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, München 1998 [Orig. 1918/1922], ungekürzte Sonderausgabe in einem Band, insbesondere S. 746 ff. und 781 ff.; griechische Übersetzung von L. Anagnostou: Ο Αφανισμός της Ανθής, Athen 2004 (Verlag Trochoteiou – G. Dardanos), Bd. 2, S. 208 ff., besonders 220 ff.

   Spengler beschreibt hier unter anderem die „Fellah-Völker“ als eine amorphe, unhistorische Masse – das Ergebnis einer kosmopolitisch entkernten, ideologisch verwässerten Welt. In einer Atmosphäre ohne historische Tiefe und kollektives Bewusstsein würden Menschen, die sich nicht mehr als Glieder einer überlieferten Kulturtradition erkennen, zu „globalen Korken“, zu gestaltlosen Massen. Für Spengler ist die „heutige griechische Formation“ eine Ausprägung der magischen Kultur, entstanden aus dem frühen Christentum, der Sprache der Kirche und dem Namen dieser Kirche (ebd., S. 220 ff.). Nationen im eigentlichen Sinne seien für ihn nur jene Völker, „die eine Zivilisation repräsentieren“ – verbunden durch ein starkes Wir-Gefühl, durch eine Idee (ebd., S. 210). Im Gegensatz dazu stehe bei den „Fellah-Völkern“ ein ungerichtetes, „zoologisches Auf und Ab“ ohne Ziel und Dauer im Vordergrund (ebd., S. 211). Spengler unterscheidet Kulturen nach ihrer „Psyche“ – die apollinische (antikes Griechenland), die faustische (Westeuropa) und die magische (arabisch-christlich-byzantinischer Raum).

   Besonders aufschlussreich ist folgende Passage: „Der antike Denker ‚sieht‘ wie Aristoteles die Theosis; der Araber als Alchimist sucht das magische Mittel, den Stein der Weisen, mit dem er sich mühelos die Schätze der Natur aneignen kann; der Westeuropäer will die Welt formen nach seinem Willen“ (UdA, S. 1186). Das Sternchen verweist auf eine Fußnote Spenglers: „Dieselbe Geisteshaltung bestimmt den Begriff von ‚Arbeit‘ bei Juden, Parsen, Armeniern, Griechen, Arabern – im Unterschied zu den westlichen Völkern.“

7. Tasoula Karaiskaki: Die besten Schüler, in: Kathimerini, 15.09.2006.

8. Siehe X. X. Yannaras, a. a. O.

9. Platon, Nomoi XII, 941c 5/6.

10. Vgl. J. S. Bach, Kantate Nr. 52: „Falsche Welt, dir trau ich nicht! Hier muß ich unter Skorpionen und falschen Schlangen wohnen.“

11. Vgl. Platon, Protagoras 321c–324a, insbesondere 323b zur Bedeutung moralischer Affekte wie Ehrfurcht und Gerechtigkeit für die soziale Eingliederung des Menschen. Siehe auch K. I. Despotopoulos: „Kommentare zu Platons Politikwissenschaft“, in: Philosophia 2 (1972), S. 222–234, besonders S. 223–227.

    Zur persistierenden Wirkung negativer, aus der osmanischen Epoche stammender Charakterzüge in der griechischen Gesellschaft siehe: Apost. E. Vakalopoulos: Der Charakter des griechischen Volkes, in: Auf der Spur der nationalen Identität, S. 262–270. Vakalopoulos beschreibt Neid, Pro-Schuld-Denken, Missgunst und Opportunismus als strukturell verfestigte Erscheinungen. Er konstatiert, dass dieser „griechische Neid“ jegliche Bestrebung nach Kooperation und institutioneller Kontinuität untergrabe – und zwar nicht nur im politischen, sondern auch im akademischen und wissenschaftlichen Bereich. In den Memoiren von E. Papanoutsos sind zahlreiche Beispiele dokumentiert, wie akademische Karrieren durch Verleumdungskampagnen systematisch zerstört wurden. Ähnlich schildern Alekos Damianidis und Nikos Papaspyrou in zwei Kurzgeschichten (Diagonios, Nr. 10, Jan.–Apr. 1982, S. 38–43 und 49–53) die Auswirkungen bürokratischer Missgunst auf den Arbeitsalltag in staatlichen Institutionen.

    Vakalopoulos beschreibt detailliert das Verhalten „unwürdiger und unsicherer Vorgesetzter“, die fähige Mitarbeiter systematisch mobben, um ihre eigene Stellung zu sichern. Er vergleicht solche Charaktere mit Shakespeare-Figuren wie Jago – sie könnten ganze Abteilungen durch Intrigen zerstören, während die Institution tatenlos zuschaut.
12. Rufmord: deutsches Lehnwort für eine schwere öffentliche Verleumdung, die Ehre und gesellschaftliches Ansehen einer Person vernichtet; metaphorisch ein „Mord an der sozialen Existenz“ – wenngleich ohne Blutvergießen.
13. Römer 3,13–18:
    „Ihr Rachen ist ein offenes Grab; mit ihrer Zunge betrügen sie. Otterngift ist unter ihren Lippen.“