Leutnant Golikow empfahl mehrere seiner Soldaten für den Eintritt in den Komsomol, doch zwei Männer aus dem dritten Zug erhielten keine Empfehlung, weil Zinowkin zu langsam war, sie rechtzeitig auszustellen...

Ich weiß nicht, warum wir plötzlich anfingen, über Fehler zu sprechen. Vielleicht habe ich einen Fehler gemacht – etwa, weil ich Kämpfer empfohlen hatte, ohne sie ausreichend zu prüfen –, oder vielleicht hat er sich in dieser Situation geirrt. Aber unser Streit ging so weit, dass ich, ohne mich selbst zu beherrschen, meine Meinung verteidigte und sagte: „Fehler passieren jedem. Auch Stalin hat sich geirrt, als er sagte, die Besetzung von Kertsch sei der Beginn der Befreiung der Krim – und dann stellte sich heraus, dass die Krim von den Deutschen besetzt war...“ In diesem Moment verstummte ich schlagartig. Mir wurde bewusst, was ich gesagt hatte – und zu wem.

Noch jetzt kommt es mir vor wie ein Traum, als hätte ich das nie ausgesprochen. Denn ich denke so nicht. Und ein Mensch, der solche Gedanken hegt, würde sie sicher nicht laut äußern – und schon gar nicht in Gegenwart eines Kommunisten. Hätte ich auch nur einen Moment lang die Weitsicht unseres großen Führers in Zweifel ziehen können – den ich doch so innig, so selbstlos und leidenschaftlich verehre?

Ich schwieg – erschrocken über meine eigenen Worte. Der Leutnant und der anwesende Soldat merkten offenbar nichts. Auf Zinowkins Gesicht aber erschien zunächst ein freudiges Grinsen, dann ein kurzer Ausdruck von Nachdenklichkeit.

Alles geschah in einem Augenblick. Der Leutnant und der Kämpfer hatten kaum Zeit, der kurzen Pause in unserem Gespräch Beachtung zu schenken. Aber Zinowkin war nicht umsonst zum Unteroffizier aufgestiegen – bald würde er Leutnant werden. Nicht wegen seiner militärischen Fähigkeiten, sondern wegen seiner Kunst, denjenigen, den er geschlagen hatte, zu übertreten und zu zermalmen. Er hatte alles verstanden und erkannt, welche Vorteile ihm diese eine unbedachte Äußerung bringen konnte.

„Hat Stalin einen Fehler gemacht?“ – fragte er mich. „Weißt du überhaupt, was du da sagst? Und das in Anwesenheit der Soldaten?!“

„Wo sind denn hier Soldaten?“ fragte ich.

„Und wer ist das?“ – meinte er und wies auf den Anwesenden.

Ich erwiderte, dass nur ein Soldat zugegen sei; außerdem sei mir der Satz einfach herausgerutscht, ich hätte das nicht so gemeint. Ich könne mir selbst nicht erklären, warum ich ihn gesagt hätte. Doch Zinowkin ließ nicht locker.

„Frag irgendeinen Soldaten: Kann Stalin sich irren? Sag du, Genosse“, wandte er sich an den Kämpfer, „hat er recht?“

„Nein!“ – antwortete dieser.

„Siehst du?“ – fuhr Zinowkin fort, „mehr muss man nicht sagen.“

/Von mir selbst: Der Kommandant hat mir geraten, so etwas nie wieder zu äußern. Man könnte nun fragen: Wurde Gelfand danach verhaftet oder erschossen? Doch erstaunlicherweise lebte Wladimir Nathanowitsch weiter, diente weiter – und führte sein einzigartiges Tagebuch fort.

08.09.1942

Das Seltsame ist: In der ganzen Zeit, in der ich an der Front war, habe ich nicht eine einzige Leiche gesehen – obwohl ich mehr als einmal unter feindlichem Beschuss stand.

/Von mir selbst: Doch wir wissen, dass das kaum möglich war – denn es war gängige Praxis sowjetischer Kommandeure, den Feind mit Leichen zu überhäufen.

13.03.1943

Wir verbrachten die Nacht auf dem Bahnhof von Dwoinaja. Die dortigen Bewohner waren Kosaken. Die aus Stalingrad Vertriebenen, die von den Deutschen hierher gebracht worden waren, sagten, dass es hier schlechte Menschen gebe – sie ließen uns nicht einmal über Nacht in ihre Häuser.

Die Vermieterin erzählte mir von den Deutschen. Sie lebten hier wie auch in anderen Dörfern, durch die ich gereist war: fünf Deutsche, alte Männer und Frauen, die kostenlos Brot bekamen. Die jungen Leute wurden zur Arbeit gezwungen. Die Einwohner wurden nicht getötet, aber die Deutschen nahmen sich, was sie wollten. Manchmal plünderten auch Rumänen. Besonders häufig stahlen die Zigeuner, von denen es viele gab. Einmal brachen sie in das Haus der Vermieterin ein, sie zerschlugen das Schloss (es war kalt), wärmten sich mit gehacktem Holz und schliefen einfach dort. Die Besitzer fanden sie am nächsten Morgen schlafend vor – sie hatten nichts gestohlen.

Für jeden toten Deutschen wurden die Dorfbewohner kollektiv hingerichtet – egal ob schuldig oder nicht. Es war also undenkbar, an Partisanenaktionen zu denken. In der Nähe des Bahnhofs Dwoinaja versuchte eine Gruppe, einem Deutschen ins Bein zu schießen. Das gesamte Dorf, in dem das geschah, wurde von den Faschisten niedergebrannt. Die Bewohner, die nun ohne Obdach waren, wurden nach Deutschland verschleppt. Zum Glück hatte man sie vorher gewarnt – sonst wären sie alle umgekommen. Alle Juden wurden deportiert, selbst einjährige Kinder wurden erschossen.

…

 
Ich ging zu den Hütten. Niemand wollte Milch oder Eier verkaufen. Nur eine Frau war bereit, Milch zu geben. Ich bot ihr ein Stück Seife an – 50 Gramm. Sie backte gerade Brot – ich bot ihr dafür ein Laib Portmoneebrot an. Sie schenkte mir einen Laib für die Milch. Sie erzählte mir auch von den Deutschen. Sie war Kommunistin. Man hatte sie zum Verhör vorgeladen und durch die Kommandantur geschleppt. Es gab hier viele Russen, auch ukrainische und Kosakenregimenter. General Krasnow kam ebenfalls vorbei. Die Deutschen hofften, mit seiner Hilfe hier wieder ein altes Kosakentum zu etablieren – vergebens.

…

Auch hier wurden die Juden ausgerottet. Kommunisten wurden „überprüft“, die Verantwortlichen erschossen, die übrigen überlebten, weil man sie nicht rechtzeitig tötete. Auch ein Pionierlehrer und zwei Komsomolzen wurden erschossen. Die Ehefrauen der Kommunisten mussten für die Besatzer schuften – für nur 200 Gramm Brot –, aber laut Aussage eines Bürgers sympathisierten viele Einheimische mit den Deutschen. Als sie einmarschierten, begannen sie sofort, Juden, Kommunisten und auch willkürlich andere auszuliefern. Der Dorfälteste lief zu den Nazis über – aus Angst vor Repressalien. Eine Frau erzählte mir lange von den Gräueltaten der Deutschen in unserem Land.

…

Bald erreichten wir den Bahnhof Proletarskaja. Ich fragte meine Gastgeberin über die Deutschen aus. Sie erzählte bereitwillig. Es war kalt. Viele Deutsche hielten sich hier auf. Sie kamen in Gruppen oder allein, scheuchten die Bewohner aus dem Bett und legten sich selbst hinein. Sie herrschten über die Häuser und machten sich auch an die Frauen heran. Männer betrachteten sie mit Misstrauen. Es gab aber auch „anständige“ Soldaten – sie gaben den Kindern Süßigkeiten, waren höflich, benahmen sich wie Gäste und nicht wie Besatzer. Sie täuschten sich nicht über ihre Lage und machten auch den Bewohnern nichts vor.

Die Vermieterin hatte einst mehrere Deutsche zu Gast. Diese sagten zu ihr: „Komm, Rus, Matka, ich geb dir ein Maschinengewehr – und dann? Dann furzt du auf die Deutschen?“ Sie entgegnete, dass sie Angst vor Waffen habe und nie eine in die Hand nehmen werde. Das befriedigte sie offenbar, sie nickten zustimmend.

„Erwarten Sie die Russen?“ fragte einer. – „Wie könnte ich nicht, mein Mann kämpft an ihrer Seite.“ Einer der Deutschen lächelte, die anderen wurden blass. – „Nein, nein“, beeilte sie sich, „mein Mann ist schon lange fort.“ Der, der gelächelt hatte, war freundlich. Wenn die anderen nicht dabei waren, sagte er zu ihr: „Die Rote Armee ist nah, die Russen kommen bald zurück.“ Und so kam es.

Am Vorabend ihres Rückzugs forderten sie die Wirtin auf, sich einen Kilometer zu entfernen. Sie stellten ein Maschinengewehr an die Hauswand und begannen aus dem Gebäude auf die vorrückenden sowjetischen Truppen zu feuern. Es war Nacht. Am Morgen betraten sowjetische Einheiten das Dorf. Beim Rückzug erschossen die Deutschen viele Bewohner von Salsk. Hier töteten sie „nur“ Juden und einige verantwortliche Kommunisten.

…

Ich werde niemals so sein wie jene Ukrainer, die ihr Heimatland verraten haben, indem sie sich dem Feind angeschlossen haben – und nun in seinem Dienst stehen. Sie putzen ihre Stiefel, kriechen ihnen in den Hintern und schlagen sie dann noch auf ihre verräterischen Hundegesichter.

Die Deutschen hingegen erschießen oft Gefangene – vor allem beim Rückzug. Verwundete Gefangene werden getötet.

05.04.1943

Ich erinnere mich an einen Ukrainer, der unter allgemeinem Applaus behauptete, dass alle Ukrainer Feiglinge und Verräter seien – und die Mehrheit (!) sei zum Feind übergelaufen. Ich versuchte zu argumentieren: Die Mehrheit – das heißt mehr als die Hälfte – bei 40 Millionen Ukrainern wären das 20 Millionen. Ist das denn realistisch?

07.09.1943

Unterwegs begegneten wir halb ukrainischen, halb russischen Bauernhöfen und Dörfern. Ihre Bewohner erzählten uns, wie die Deutschen hier lebten, raubten, herrschten, mordeten – und gleichzeitig weinten, Hitler verfluchten, verschimmeltes, trockenes Brot (200 Gramm pro Portion) aßen, bei Rückzug alles liegen ließen und flohen.

04. oder 05.11.1943

Ich habe Stalins Oktoberdekret und seinen Bericht gelesen. Ich liebe es aufrichtig, wenn Stalin spricht. Er erklärt die Kriegsereignisse so klar und logisch...

17.03.1944

Yatselenko Paraska Antonowna – die Vermieterin. Sie bewahrte sowjetische Bücher und ein Stalin-Porträt auf. Die Bücher vergrub sie, das Porträt hing – sogar unter deutscher Besatzung – an der Wand, unter dem von Taras Schewtschenko.

/Von mir selbst: Die Kerkerhunde des Regimes saßen hinter dem Porträt und drohten, Paraska Antonowna zu erschießen, falls sie es abnehmen sollte.

02.04.1944

Nadja war in der Steppe. Kosaken kamen zu ihr nach Hause, um sie zu holen. Als sie sie nicht fanden, ritten sie in die Steppe. Sie legten sie zehn Schritte entfernt nieder, ließen dann aber ab mit den Worten: „Wartet hier, wir suchen eine andere Partisanin.“ Die Umstehenden rieten Nadja zu fliehen. Sie gehorchte, duckte sich in die Steppenvegetation, versteckte sich im Dorf, zog sich als alte Frau um und entkam. Die Kosaken suchten vergeblich nach ihr.