Geschichten deutscher Soldaten über den Krieg mit den Russen. Die Meinungen der Deutschen zu russischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg

Feldpost und Notizbuch eines deutschen Kriegsgefangenen (1941)

Die folgenden Aufzeichnungen stammen aus einer Postkarte und einem Notizbuch, die bei der Gefangennahme eines deutschen Soldaten im Jahr 1941 beschlagnahmt wurden. Sie gewähren einen unmittelbaren Einblick in das Denken, Fühlen und die Zweifel eines Wehrmachtssoldaten zu Beginn des Ostfeldzugs.

20. August 1941

In den Kämpfen um Reval fiel Ferdi Walbrecker für das Vaterland. Hans und ich verbrachten den letzten Sonntag im September in Aachen. Es war sehr angenehm, deutsche Männer, Frauen und Mädchen zu sehen. Als wir früher in Belgien ankamen, fiel mir der Unterschied nicht auf. Um das eigene Vaterland wirklich zu lieben, muss man es erst einmal verlassen haben.

10. Oktober 1941

Ich bin auf der Hut. Heute wurde ich in die aktive Armee versetzt. Am Morgen wurde die Liste verlesen – fast ausschließlich Männer aus Bau-Bataillonen. Von den Juli-Rekruten nur wenige Mörser. Was soll ich tun? Ich kann nur warten. Aber das nächste Mal wird es wohl mich treffen. Warum mich freiwillig melden? Ich weiß, dass es dort schwerer wird, meine Pflicht zu erfüllen – viel schwerer –, aber trotzdem …

14. Oktober 1941

Am Sonntag wurden Maschinengewehrschützen aus dem Zug ausgewählt. Ich war dabei. Wir mussten zwanzig Chinintabletten einnehmen – ein Test auf Tropentauglichkeit. Am Montag kam die Rückmeldung: geeignet. Aber dann hörte ich, der Einsatz sei abgesagt worden. Warum?

Heute fand eine Inspektion statt, begleitet von unserem Kompaniechef. Alles war nur Theater. Wie erwartet, verlief alles „gut“. Urlaub in Lüttich ist für den 18.–19. Oktober vorgesehen.

22. Oktober 1941

Der Urlaub ist vorbei. Es war schön. Wir trafen einen Militärpfarrer, ich diente ihm während des Gottesdienstes. Nach dem Mittagessen zeigte er uns Lüttich. Es war ein angenehmer Tag. Ich fühlte mich wieder wie unter Menschen.

Hans, Günther und Klaus sind abgereist. Wer weiß, ob wir uns wiedersehen.

Seit sieben bis neun Wochen habe ich nichts von meinem Bruder gehört. Seit der Nachricht vom Tod Ferdy Walbreckers habe ich Angst, dass auch mein Bruder gefallen ist. Möge Gott mich davor bewahren – meiner Eltern zuliebe, besonders meiner Mutter zuliebe.

Werner Kunze und Cosman sind gefallen. Aus Afrika hört man nichts Neues.

November 1941

Frida Grislam (ihre Haltung zur Regierung und zum Volk; Soldat und Frau zugleich).

20. November 1941

Fünf Tage in Altfenborn sind vergangen. Der Dienst war dort sehr leicht. Außer dem einmaligen Abfeuern eines Zuges taten wir kaum etwas. Aber wir waren in Deutschland – das war schön. Ich besuchte in Altfenborn einen Priester.

Das Verhalten der Deutschen im früheren Eifelgebiet Malmedy ist nachvollziehbar; wir hatten ein anderes Deutschland erwartet – kein so antichristliches. Aber es gibt dort auch wallonische Dörfer, und zwar einige. Während des Schießens zündete jemand ein Feuer an. Wenn man so steht und in die Flammen schaut, kommen alte Erinnerungen hoch. Wie es früher war. Heute gibt es für mich nichts Schöneres, als mit ein paar Kameraden gemeinsam draußen zu sein – aber …

P. schrieb auch von vergeudeter Zeit – gerade jetzt, in unseren besten Jahren, die wir nutzen wollen. Für welche Aufgabe auch immer?

Man spricht von neuen Marschbataillonen. Zuhause gibt es neue Nachrichten: Auch Willie Walbrecker ist gefallen. Auch wir haben unser Opfer gebracht. Willie ist der vierte. Ich frage mich: Wer ist der Nächste?

26. November 1941

Willie Schefter ist auf der Krankenstation. Er war ein richtiger Kamerad. Immer öfter frage ich mich, ob ich hier nicht meine Zeit vergeude. Ich schwanke: Afrika? Technischer Beruf? Oder Priester – nur für Gott?

Man findet in unserem Zimmer keine Gesellschaft. Ich möchte so schnell wie möglich an die Front. Das wird mir gut tun.

25. November 1941

Gestern früh kam für alle unerwartet der Marschbefehl. Niemand wollte es glauben. Aber es stimmt. Der Tag verging in Uniform. Endlich ist eingetreten, was ich erwartet habe. Und ich glaube fest daran, dass noch mehr kommen wird. Eine härtere Zeit, aber vielleicht eine bessere. Jetzt müssen wir zeigen, ob wir Männer oder Feiglinge sind. Ich hoffe, dass diese Erfahrung mir für das Leben bleibt – dass ich reifer werde.

Ich möchte nicht über die allgemeine Begeisterung schreiben, die sich in Trunkenheit äußerte – sie wird nicht lange anhalten.

8. Dezember 1941

Ich habe diese Woche verschiedene Dinge notiert, und es gäbe noch viel mehr zu schreiben – über allgemeine Begeisterung, über Schuld im Moment, über Düsseldorf. Nein, das ist nicht gut für dich. Nein!

Magdalene war am Mittwoch hier (meine Eltern am vergangenen Sonntag). Die Gestapo hat meine Briefe und andere Dinge durchsucht und mitgenommen. Kommentare sind überflüssig. Am Sonntag habe ich Urlaub und werde mehr erfahren.

Sie gingen auch zum Händler, nahmen dort viele Sachen mit. Vielleicht haben sie Recht – wir leben schließlich in Deutschland. Der Händler wurde verhaftet und nach Dortmund gebracht, wo er in Untersuchungshaft sitzt. Sie waren noch bis Sonntag dort. Johann ist auch dabei. Ich glaube, es sind 60–100 Leute in Haft.

12. Dezember 1941, Freitag
Seit Mittwoch sind wir unterwegs. Man sagt, wir würden am 13. Dezember Insterburg erreichen und am 15. Dezember die andere Seite der Grenze. Auch Amerika ist nun in den Krieg eingetreten.
Im Waggon ist es eng. Ob wir tatsächlich an die Südfront kommen, scheint jetzt zweifelhaft. Was die Gestapo betrifft, so war ich beim Hauptmann; er hat mir volle Unterstützung zugesichert. Ich habe bereits einen Brief verfasst, aber es bleiben noch einige Unklarheiten. Wir werden sehen, wo wir das Weihnachtsfest verbringen werden.

13. Dezember 1941, Samstag
Ich habe einen Brief an die Gestapo geschrieben. Der Hauptmann wird das Gesuch vermutlich unterzeichnen. Was will man mehr? Ich gehe die Sache sachlich an. Der Erfolg ist fraglich. Wir sind in Insterburg.
Ostpreußen liegt fast ganz hinter uns. Ich habe mich seit Montag nicht rasiert – „unrasiert und fern der Heimat“. Ich habe noch keine kameradschaftlichen Beziehungen erlebt. Hoffentlich wird es an der Front besser; sonst wäre das eine große Enttäuschung für mich.

16. Dezember 1941, Dienstag
Litauen und Lettland liegen hinter uns. Wir befinden uns nun in Estland. Es gab einen längeren Aufenthalt. Ich war in der Stadt – nichts Interessantes. Riga war schon eindrucksvoller, aber leider konnten wir nicht hineingehen.
Im Waggon ist die Stimmung schlecht. Gestern kam es zu einer Schlägerei, heute wieder. Kameradschaft existiert hier nicht – eine bloße Illusion.
Litauen ist ein weites, flaches Land mit strohgedeckten Holzhütten, die kaum als Häuser durchgehen. Die Innenräume sind klein und eng.
Lettland ist etwas hügeliger, bewaldeter, und die Häuser in den Dörfern wirken komfortabler. Auch Estland ist von Wäldern und Hügeln geprägt.
Die Bevölkerung ist sehr freundlich, doch die Sprache völlig unverständlich. Auch hier herrscht Mangel. Es gibt keinen Wodka, nur Lebensmittelkarten.
In Riga sollen 10.000 Juden – deutsche Juden – erschossen worden sein. Kommentare überflüssig. Drei Personen wurden wegen Plünderung erschossen – und ich unterstütze das, so hart es auch ist. Um der Ausbreitung Einhalt zu gebieten, ist entschlossenes Handeln notwendig.
(Ein Fehler: Am 18. Dezember waren wir noch nicht in Estland.)

18. Dezember 1941
Wir sind nun in Russland. Estland haben wir sehr schnell durchquert. Russland erscheint endlos – Tundra. Es fielen ein paar Schüsse.
Unsere Route: Riga – Walk (Estland) – Russland, weiter nach Pskow. Pskow gilt als die drittschönste Stadt Russlands.
Ich habe Shakespeare gelesen: Der Kaufmann von Venedig und Hamlet. Wir befinden uns 10 km vor Pskow und werden vermutlich länger hierbleiben. Ich mag Shakespeare sehr.

19. Dezember 1941
Wir sind weiterhin in der Nähe von Pskow. Die Russen haben die Eisenbahninfrastruktur stark beschädigt, es gibt kaum Dampflokomotiven.
Ich gab russischen Zivilisten Brot – sie waren unendlich dankbar. Diese armen Menschen werden schlechter behandelt als Vieh. Von 5000 sind etwa 1000 übrig. Traurig. Was würden Dwinghof und Etiggofer sagen, wenn sie das wüssten?
Ich besuchte einen Bauern. Als ich ihm eine Zigarette gab, war er überglücklich. Ich sah mir die Küche an: bitterarm. Sie gaben mir Brot und eingelegte Gurken. Ich ließ eine Schachtel Zigaretten zurück. Die Sprache ist unverständlich, außer den Worten „Stalin“, „Kommunist“ und „Bolschewik“.
Der Ring um Leningrad wurde vor wenigen Tagen durchbrochen. Die Russen drangen 40 km vor. Unsere Panzer konnten nichts entgegensetzen. Die russischen Truppen sind hier sehr stark. Ob der Ring am Seeufer wieder geschlossen ist, bleibt unklar. Unsere Kräfte dort sind zu schwach. Wann wird Leningrad fallen? Wann endet dieser Krieg?

21. Dezember 1941
Heute ist Sonntag – aber nichts deutet darauf hin. Unsere Reise ist beendet. In Gatschina (Baltikum) wurden wir ausgeladen. Die Bevölkerung bedrängte unsere Waggons und bat um Brot. Es tut gut, einem Kind, einer Frau oder einem Mann Freude zu bereiten. Aber es sind zu viele.
Wir sind 6 km von der Bahnstation entfernt. In einem Raum mit vier breiten Betten leben sechzehn Personen; je drei pro Bett – und was mit den übrigen vier?
Über die letzten Tage im Zug will ich nichts mehr sagen. Von Soldatenfreundschaft keine Spur. In einem Lager sollen in einer Nacht über 100 Häftlinge gestorben sein.

22. Dezember 1941
Unsere Unterkunft ist schön. Die Gastgeberin (finnischer Herkunft) ist sehr freundlich, aber arm. Wir geben ihr recht viel. Es ist besser, zu geben als zu nehmen.

24. Dezember 1941
Heute ist Heiligabend. In Gatschina wurden die meisten Kirchen von deutschen Piloten zerstört, nicht von den Sowjets. Auf dem Palast steht noch ein Kreuz.
(Bra)uhich hat gekündigt oder wurde entlassen. Was das wohl bedeutet?

27. Dezember 1941
Weihnachten ist vorbei. Es waren sehr, sehr traurige Tage – echte Weihnachtsstimmung kam nicht auf.
Man sagt, die 1. Division werde wegen schwerer Kämpfe nach Südfrankreich verlegt. Wir würden dann wohl zur 12. Division stoßen. Ich hoffe darauf – auch andere wünschen sich Südfrankreich.
Heute sahen wir sieben Waggons mit Soldaten, die aus dem Kessel bei Leningrad kamen. Sie sahen furchtbar aus. In der Wochenschau zeigt man solche Bilder nicht.
Es wird langsam kalt – minus 20 Grad.
Ich habe einiges über das Leben des Soldaten geschrieben. Ich denke viel über Händler, Johann und alles, was damit zusammenhängt, nach.

30. Dezember 1941
Heute oder morgen werden wir verlegt, und zwar in die 1. Division. Es wird wohl etwas geschehen mit Händler, Johann und anderen …

3. Januar 1942
Das neue Jahr ist angebrochen. Wird der Krieg 1942 enden? Am 31. Dezember 1941 verließen wir Gatschina. Nach 15–20 km Marsch kamen zwei Busse und ein Lastwagen, die sofort sechzig Mann in die 1. Division brachten – unter ihnen auch ich, Wunten und Cuiqing.
In der Division wurden wir den Regimentern zugeteilt. Wir drei kamen ins 1. Regiment. Am selben Abend schickte man uns zum 3. Bataillon, wo wir die Nacht in einem eiskalten Unterstand verbrachten. Ein echtes Neujahrsgeschenk.
Dann wurden wir den Kompanien zugewiesen. Wunten und ich kamen in die 10. Kompanie. Wir gaben unsere Sachen bei der Feldküche ab und eilten zur Kompanie, die gerade aus einem fünftägigen Fronturlaub zurückkehrte – am Abend des 1. Januar 1942.
Und hier sind wir nun im Unterstand. Täglich stehen sechs bis sieben Stunden Dienst an. Die restliche Zeit verbringen wir liegend oder essend. Es ist ein menschenunwürdiges Leben.
Wir befinden uns zwischen Leningrad und Schlisselburg, nahe der Newa, wo sie einen scharfen Bogen macht. Der Flussübergang ist noch in russischer Hand, wir liegen links davon.
Der Unterstand ist erträglich – verglichen mit anderen. Es ist relativ ruhig. Gelegentlich schlagen Mörsergranaten ein. Letzte Nacht wurde ein Soldat getötet, heute ein weiterer im zweiten Zug.
Unser Leben liegt in Gottes Hand. Zehn Tage müssen wir an der Front bleiben, danach folgen fünf Tage Ruhe.
Die Kompanie besteht aus 40–50 Mann. Von ursprünglich 15.000 Soldaten der Division sind noch etwa 3.000 übrig. Der Ring um Leningrad ist laut Propaganda geschlossen – in Wahrheit ist er es nicht. Das Essen ist sehr gut.

4. Januar 1942
Man sieht aus wie ein Schwein – und das ist nicht übertrieben. Man kann sich nicht waschen. Und in diesem Zustand essen! Ich schreibe das nicht, um mich zu beklagen. Es muss einfach einmal festgehalten werden.
Gestern trugen wir einen Toten. Jemand bemerkte: „Wir tragen keinen Schatz, wir tragen einen Toten.“ Der Rest nahm kaum Notiz davon – zu viele Tote sieht man täglich.
Freundschaft – wird sie je zurückkehren? Ich weiß es nicht. Oder habe ich mich nur in dieser neuen Umgebung noch nicht eingefunden?
Was ist mit Johann und Händler? Wenn ich an diese Gemeinheit denke, steigt Wut in mir auf. Und wenn ich dann daran denke, dass ich hier in vorderster Linie stehe, stellen sich Fragen, auf die ich gern Antworten hätte. Aber es gibt einen Unterschied zwischen Regierung und Volk – das ist vielleicht der einzige Ausweg.

7. Januar 1942
Gestern kam erneut Nachschub von der 4. Marschkompanie. Es heißt, dass wir bald abgelöst werden sollen?!
Die „Kameraden“ singen oft ein Lied:
„Heil Hitler, Heil Hitler,
den ganzen Tag Heil Hitler,
und sonntags Heil Hitler,
Heil Hitler, Heil Hitler.“
Sie singen es zur Melodie von „Hedwigs Tante, Hedwigs Tante, die Maschine näht nicht“ – Kommentare erübrigen sich.
In unserem Trupp gibt es einen katholischen Soldaten, 35 Jahre alt, ein Bauer mit sechs Kühen und einem Pferd. Er stammt aus der Gegend bei Altenburg, zwei Stunden von Burscheid entfernt. Vielleicht wäre er für eine eigene Gruppe geeignet?

(vermutlich 8. Januar 1942)
Gestern wurde darüber gesprochen, dass wir abgelöst würden. Man sagte, der Waggonzug sei bereits beladen. Alle glauben daran – auch ich. Ich nenne es große Schwäche. Die „Kameraden“ freuen sich. Ich kann jene verstehen, die von Anfang an hier sind. Aber wir, die gerade erst angekommen sind und schon wieder weg sollen – das ist ein Skandal. Doch wir können nichts daran ändern. Niemand weiß, wohin wir verlegt werden. Nach Königsberg? Zum Skifahren nach Finnland?

13. Januar 1942
Wir sind im Urlaub – wenn man es so nennen kann. Jedenfalls ist es besser als die Frontlinie. Zur Abwechslung: Hinter Mga, wo der Zug liegt, wird eine neue Stellung ausgebaut.

18. Januar 1942
Wir sind wieder für zehn Tage an der Front. Diesmal auf der rechten, südlichen Position. Noch müssen wir einige Stellungen ausbauen. Der Unterstand ist klein und kalt. Die Gespräche über Ablösung waren offenbar umsonst. Es wird wohl noch dauern.
Aber wir hoffen, dass wir im Frühjahr, wenn der Angriff beginnt, nicht mehr hier sein werden – sonst, so sagen alle, sind wir verloren.
Freundschaft ist eine seltsame Sache. Mal freut man sich, dann wieder erfährt man die egoistischste und gefühlloseste Handlung.
Ich werde bald wieder Zigaretten sammeln – meine Kameraden verdienen es wirklich nicht, dass man sie ständig damit versorgt.

30. Januar 1942
Erst heute finde ich Zeit, weiterzuschreiben. Aus den zehn Tagen an der Front wurden dreizehn – aber der Unterstand war erträglich. In dieser Zeit habe ich mich einmal rasiert und mit einem Viertelliter Wasser in einem Topf „gewaschen“.
Von Leeb wurde abgelöst oder suspendiert. Reichenau ist tot. Wie das zu deuten ist, weiß man nicht. Mir wäre es auch recht, wieder nach Deutschland zurückzukehren.

2. Februar 1942
Die zwei Ruhetage vergingen schnell. Am Sonntag, dem 31. Januar, kam der Befehl. Um 18 Uhr zogen wir los – und dann wieder zurück.
Wir sollten erst am nächsten Morgen um 6 Uhr antreten. In der Nacht wechselten wir die Bettwäsche und „wuschen“ uns.
Nun sind wir weiter östlich als zuvor, wieder an der Newa. Diese Seite ist ruhiger und besser. Die Unterstände sind recht bequem. Unsere Kompanie verteidigt eine Linie von 1800 Metern. In unserem Trupp sind vier Mann. Einer hält nachts Wache.
Es wäre in Ordnung, wenn wir tagsüber nicht noch mit zu vielen anderen Aufgaben – etwa Munitionsschleppen – beschäftigt wären.
Man sagt, wir bleiben hier bis zum Angriff. Es gibt keine Grabenrationen – das ist nicht richtig.

15.2.42

Ich befinde mich wieder in einer anderen Abteilung. Morgen erfolgt ein weiterer Ortswechsel. Erwin Schultz wurde durch Splitter einer 7,2-cm-Mörsergranate verwundet. Aus diesem Grund sind wir gezwungen, zu dritt Posten zu beziehen – das ist recht viel, aber in anderen Einheiten sieht es nicht besser aus. Man muss also zufrieden sein. Noch ist alles vorhanden. Ich freue mich über jeden Brief aus der Heimat. Endlich habe ich Neuigkeiten über Johann und den Händler erhalten… Ich bin am Ende. Das Gebet darf man nicht vergessen. Ich werde den Tag willkommen heißen, an dem ich vom Militärdienst befreit bin und so leben darf, wie ich es will – nicht wie alle anderen.

Es lebe Moskau! Maul nach vorne!

22.2.42

Wir befinden uns noch immer in derselben Stellung. Es ist wieder kälter geworden. Ich freue mich über Post. Die Gestapo war bei uns. Sie wollten die Adresse wissen. Ich hoffe, bald etwas darüber zu erfahren.

27.2.42

Heute bin ich 19 Jahre alt geworden. Gefreiter Schiller kam aus Mga zurück. Die Verwundung war nicht schwerwiegend; sie wurde nicht von den Russen verursacht, sondern von Domerak.

Ich freue mich bereits auf den Tag, an dem ich ohne Wehrpflicht leben und arbeiten kann.

Unteroffizier Riedel scheint ein ziemliches Schwein zu sein. Von der Gestapo gibt es noch keine Nachricht. Wenn ich nur für ein paar Tage von all dem Ekelhaften nichts hören müsste.

9.3.42

Wieder sind einige Tage vergangen. Ein paar Nächte mit ordentlichem Schlaf wären gut. Ich bekomme nicht genug zu essen – das Brot reicht nicht aus. Es wird viel über Wien, Koblenz und anderes gesprochen.

12.3.42

Zwischen 9:30 und 10:00 Uhr wurden etwa 100–200 Schüsse pro Gewehr abgegeben, 600–1000 Schüsse pro Maschinengewehr, dazu eine große Anzahl Leuchtkugeln. Nach 10 Uhr herrschte völlige Ruhe. Tagsüber durften wir uns nicht zeigen. Das Ganze spielte sich im Abschnitt gegenüber von Schlußelburg ab (15 km entfernt). Der Kommandostab wollte damit Überläufer anlocken oder die Entsendung eines sowjetischen Spähtrupps provozieren, da man dringend Gefangene zur Beweiserhebung benötigte.

In der Nacht vom 9. auf den 10. März kam auf dem linken Flügel unserer Kompanie ein Mann an – ob Deserteur oder nicht, darüber gingen die Meinungen auseinander. Er erzählte viel: Die Stellungen seien schlecht verteidigt, es gäbe nichts zu essen, der Kompaniechef sei angeblich Jude usw. Ob das den Tatsachen entspricht, ist fraglich. Wie viele Russen in dem betroffenen Abschnitt in Gefangenschaft gerieten, weiß ich nicht.

Es wurde auch gesagt, dass wir, falls keine Gefangenen gemacht werden, einen Spähtrupp über die Newa schicken müssten – im Grunde ein Selbstmordkommando. Freiwillige vor! Wir müssen Gefangene bringen!

Von der Gestapo gibt es weiterhin keine Nachricht.

20.3.42

Gegen 20:30 Uhr wurden wir verladen und mit Lastwagen nach Schapki (etwas weiter entfernt) gebracht.

21.3.42

Spähtrupp im Wald.

24.3.42

Etwa um 3 Uhr kam der Befehl: Marschbereitschaft herstellen. Jetzt sitzen wir als Bataillonsreserve in Unterständen, in denen „die Sonne scheint“. Das Schlimmste ist das Artilleriefeuer.

10. Kompanie – 9 Verluste

10., 11., 12. Kompanie – 60 Verluste

9. Kompanie – 40 % Verluste

Unsere Position nennt sich „Omega“ (vielleicht ist Mga gemeint – Anm. d. Red.). Die Verpflegung ist besser. Ostern steht bevor. Was wird Ostern bringen?

Ein anderer sowjetischer Offizier, Oberstleutnant der Luftwaffe Fjodor Smolnikow, hielt am 17. September 1944 seine Eindrücke von Bukarest in seinem Tagebuch fest: „Hotel Ambassador, Restaurant, Erdgeschoss. Ich sehe das müßige Publikum umhergehen, sie haben nichts zu tun, sie warten. Sie sehen mich an wie eine Seltenheit. ‚Russischer Offizier!!!‘ Ich bin sehr bescheiden gekleidet, mehr als bescheiden. Lassen. Wir werden noch in Budapest sein. Das ist ebenso sicher wie die Tatsache, dass ich jetzt in Bukarest bin. Erstklassiges Restaurant. Das Publikum ist herausgeputzt, die schönsten rumänischen Frauen treten herausfordernd auf {Hier und unten wird es vom Autor des Artikels betont}. Die Nacht verbringen wir in einem First-Class-Hotel. Die Metropole brodelt. Es gibt keine Musik, das Publikum wartet. Hauptstadt, verdammt! Ich werde der Werbung nicht nachgeben...“

In Ungarn stieß die sowjetische Armee nicht nur auf bewaffneten Widerstand, sondern auch auf hinterhältige Angriffe aus der Zivilbevölkerung, etwa als sie „Betrunkene und Nachzügler auf Gehöften tötete“ und in Silos ertränkte. Doch „Frauen, nicht so verdorben wie die Rumäninnen, gaben sich mit beschämender Leichtigkeit ... Ein bisschen Liebe, ein bisschen Ausschweifung und vor allem natürlich Angst halfen.“ Ein ungarischer Jurist wird mit den Worten zitiert: „Es ist sehr gut, dass Russen Kinder so sehr lieben. Es ist sehr schlimm, dass sie Frauen so sehr lieben.“ Dazu kommentiert Boris Sluzki: „Er hat nicht bedacht, dass ungarische Frauen auch Russen liebten, dass es neben der dunklen Angst, die Matronen und Familienmütter in die Knie zwang, auch die Zärtlichkeit der Mädchen und die verzweifelte Zärtlichkeit der Soldaten gab, die sich den Mördern ihrer Männer hingaben.“

Grigori Tschuchrai schilderte in seinen Memoiren einen solchen Vorfall in Ungarn. Ein Teil der Einheit war in einem Haus einquartiert. Die Gastgeber, bei denen er und die Soldaten unterkamen, ließen sich während des gemeinsamen Feierns „unter dem Einfluss von russischem Wodka“ gehen und gestanden, ihre Tochter auf dem Dachboden versteckt zu haben. Die sowjetischen Offiziere reagierten empört: „Für wen haltet ihr uns? Wir sind keine Faschisten!“ Die Hausbesitzer schämten sich, und bald erschien ein mageres Mädchen namens Mariyka am Tisch und begann eifrig zu essen. Nachdem sie sich an die Situation gewöhnt hatte, begann sie zu flirten und stellte uns sogar Fragen. Am Ende des Abendessens war die Stimmung freundlich, und man trank auf „Borotshaz“ (Freundschaft). Mariyka nahm diesen Toast wohl zu wörtlich. Als wir zu Bett gingen, erschien sie in einem Unterhemd in meinem Zimmer. Als sowjetischer Offizier war mir sofort klar, dass hier eine Provokation vorbereitet wurde. „Man rechnet damit, dass ich Mariykas Reizen erliege und daraus einen Skandal machen kann. Aber ich werde dieser Provokation nicht nachgeben“, dachte ich. Zudem hat mich Mariykas Charme gar nicht erst in Versuchung geführt – ich habe sie zur Tür hinausgeleitet.

Am nächsten Morgen stellte die Hausherrin das Frühstück auf den Tisch, klapperte mit dem Geschirr. „Sie ist nervös. Die Provokation ist gescheitert!“, dachte ich. Ich teilte diesen Gedanken unserem ungarischen Dolmetscher mit. Er brach in schallendes Gelächter aus.

„Das ist keine Provokation! Man hat euch Freundlichkeit und Gastfreundschaft erwiesen, und ihr habt sie zurückgewiesen. Jetzt giltst du in diesem Haus nicht mehr als Mensch. Du musst in eine andere Unterkunft ziehen!“

Warum hatten sie ihre Tochter auf dem Dachboden versteckt?

Sie hatten Angst vor Gewalt. In unserem Land ist es üblich, dass ein Mädchen vor der Heirat mit Zustimmung der Eltern sexuelle Erfahrungen mit mehreren Männern sammeln kann. Hier sagt man: Man kauft keine Katze im Sack ...

Junge, gesunde Männer üben eine natürliche Anziehungskraft auf Frauen aus. Doch die Offenheit der europäischen Moral verleitete manche sowjetische Soldaten zur Maßlosigkeit, während andere im Gegenteil davon überzeugt waren, dass eine Beziehung nicht auf bloße Physiologie reduziert werden sollte. Sergeant Alexander Rodin schilderte seine Eindrücke von einem Besuch – aus Neugier! – in einem Bordell in Budapest, das auch nach Kriegsende noch in Betrieb war: „... Nach dem Besuch überkam mich ein ekelhaftes, beschämendes Gefühl von Lüge und Falschheit. Das Bild der offensichtlichen, aufrichtigen Vortäuschung einer Frau geht mir nicht mehr aus dem Kopf ... Interessant ist, dass dieser unangenehme Nachgeschmack vom Bordellbesuch nicht nur mir, einem jungen Mann, der nach Prinzipien wie ‚Kein Kuss ohne Liebe‘ erzogen wurde, blieb, sondern auch den meisten unserer Soldaten, mit denen ich darüber sprach ... Etwa zur selben Zeit hatte ich ein Gespräch mit einer hübschen Ungarin (sie konnte irgendwie Russisch). Auf ihre Frage, ob mir Budapest gefalle, antwortete ich, dass mir die Stadt gefalle – nur die Bordelle seien mir unangenehm. ‚Aber warum?‘ fragte das Mädchen. ‚Weil es unnatürlich ist, wild – eine Frau nimmt Geld und beginnt danach sofort zu ‚lieben‘!‘ Das Mädchen dachte einen Moment nach, nickte dann zustimmend und sagte: ‚Du hast recht: Es ist nicht schön, Geld vorneweg zu verlangen ...‘“

Polen hinterließ andere Eindrücke. Der Dichter David Samoilow schrieb: „... in Polen hielt man uns streng. Es war schwer, sich vom Ort zu entfernen. Streiche wurden hart bestraft.“ Und weiter schilderte er seine Eindrücke von einem Land, dessen einziger positiver Aspekt für ihn die Schönheit der polnischen Frauen war. „Ich kann nicht sagen, dass uns Polen besonders gefallen hat“, schrieb er. „Ich fand darin nichts Edles oder Ritterliches. Im Gegenteil, alles war spießbürgerlich, bäuerlich – Begriffe und Interessen. Und in Ostpolen begegnete man uns mit Misstrauen und halber Feindseligkeit, man versuchte, den Befreiern alles Mögliche abzunehmen. Doch die Frauen waren wohltuend schön und kokett, sie fesselten uns mit ihren Manierismen, ihren schnurrenden Worten, bei denen plötzlich alles verständlich wurde. Und sie selbst waren gefangen von der manchmal derben männlichen Stärke oder einer Soldatenuniform. Ihre bleichen, abgemagerten früheren Verehrer traten mit zusammengebissenen Zähnen vorerst in den Hintergrund ...“

Doch nicht alle Einschätzungen polnischer Frauen fielen so romantisch aus. Am 22. Oktober 1944 schrieb Unterleutnant Wladimir Gelfand in sein Tagebuch: „In der Ferne erhob sich die Stadt, die ich unter dem polnischen Namen [Wladow] verlassen hatte – mit schönen Polinnen, stolz bis zum Überdruss ... Man erzählte mir von polnischen Frauen: Sie lockten unsere Soldaten und Offiziere in ihre Arme, und wenn es zum Beischlaf kam, schnitten sie mit Rasiermessern die Penisse ab, erwürgten ihre Hälse mit bloßen Händen und kratzten die Augen aus. Verrückte, wilde, abscheuliche Frauen! Man muss mit ihnen vorsichtig sein und sich nicht von ihrer Schönheit blenden lassen. Und die Polinnen sind schön – auf hässliche Weise.“ Doch es finden sich auch andere Töne in seinen Aufzeichnungen. Am 24. Oktober berichtet er von folgendem Treffen: „Heute begleiteten mich in einem Dorf hübsche polnische Mädchen. Sie beklagten sich über den Mangel an jungen Männern in Polen. Sie nannten mich ‚Pan‘, aber sie blieben unnahbar. Einer von ihnen klopfte ich leicht auf die Schulter – als Antwort auf ihre Bemerkung über Männer –, und tröstete mich mit dem Gedanken an einen offenen Weg für sie nach Russland – dort gibt es viele Männer. Doch sie wich rasch zur Seite und entgegnete, auch hier würden Männer für sie sein. Abschied per Handschlag. Wir haben uns also nicht geeinigt, aber sie sind nette Mädchen, auch wenn sie Polinnen sind.“

Einen Monat später, am 22. November, notierte er seine Eindrücke von der ersten polnischen Großstadt, die er in Minsk-Mazowiecki besuchte. Neben der Beschreibung architektonischer Schönheiten und der für ihn überraschend zahlreichen Fahrräder in allen Gesellschaftsschichten widmet er den Stadtbewohnern besondere Aufmerksamkeit: „Lärmende, untätige Menschenmengen, Frauen durchweg mit weißen Spezialhüten, scheinbar vom Wind aufgezwungen, die sie wie Vierzigjährige erscheinen lassen und in ihrer Neuheit verblüffen. Die Männer, mit dreieckigen Mützen und Hüten, sind dick, gepflegt, leer. Wie viele es sind! ... Gefärbte Lippen, gezupfte Augenbrauen, Anmaßung, übertriebene Zartheit. Wie wenig das mit dem natürlichen Leben eines Menschen zu tun hat. Es scheint, als lebten und bewegten sich die Menschen nur, um von anderen betrachtet zu werden – und alle würden verschwinden, wenn der letzte Zuschauer die Stadt verließe ...“

Nicht nur die polnischen Städter, auch die Dorfbewohner hinterließen einen starken, wenn auch widersprüchlichen Eindruck. „Die Vitalität der Polen, die die Schrecken des Krieges und der deutschen Besatzung überlebt hatten, war bemerkenswert“, erinnerte sich Alexander Rodin. „Sonntagnachmittag in einem polnischen Dorf. Schön, elegant, in Seidenkleidern und Strümpfen: polnische Frauen, die an Werktagen einfache Bäuerinnen sind, Mist harken, barfuß arbeiten, unermüdlich auf dem Hof. Selbst ältere Frauen wirken frisch und jugendlich – trotz der dunklen Ränder unter den Augen ...“ Er zitiert weiter seinen Tagebucheintrag vom 5. November 1944: „Am Sonntag sind alle Dorfbewohner herausgeputzt. Sie besuchen einander. Männer mit Filzhüten, Krawatten, Pullovern. Frauen in Seidenkleidern, hellen, ungetragenen Strümpfen. Mädchen mit rosigen Wangen – ‚Panenki‘. Schön gelocktes blondes Haar ... Auch die Soldaten in der Ecke der Hütte sind aufgeregt. Doch wer mitfühlt, erkennt darin eine schmerzhafte Erregung. Alle lachen laut, um zu zeigen, dass es ihnen nichts ausmacht, dass sie es nicht kümmert, dass sie gar nicht zu beneiden sind. Sind wir schlechter als sie? Der Teufel weiß, was für ein Glück es ist – ein friedliches Leben! Schließlich habe ich sie im zivilen Leben gar nicht gekannt!“

Sein Kamerad, Sergeant Nikolai Nesterow, schrieb am selben Tag in sein Tagebuch: „Heute ist Ruhetag, die Polen versammeln sich, hübsch gekleidet, in einer Hütte und sitzen paarweise. Es ist irgendwie unangenehm. Könnte ich nicht auch so sitzen? ...“

Soldatin Galina Jartsewa äußerte sich weit schärfer in ihrer Beurteilung der „europäischen Moral“, die sie an „ein Fest während der Pest“ erinnerte. Am 24. Februar 1945 schrieb sie einem Frontfreund: „... Wenn sich eine Gelegenheit ergab, konnte man wunderbare Päckchen mit Trophäengütern verschicken. Da war einiges dabei. Es wäre uns abgenommen worden, bis aufs Hemd. Was für Städte ich gesehen habe, was für Männer und Frauen. Und wenn du sie ansiehst, dann überkommt dich so viel Wut, so viel Hass! Sie gehen umher, lieben, leben – und du gehst und befreist sie. Sie lachen über die Russen – ‚Schwein!‘ Ja, ja! Bastarde ... Ich mag niemanden außer der UdSSR, außer den Völkern, die bei uns leben. Ich glaube nicht an Freundschaft mit Polen oder anderen Litauern ...“

In Österreich, das im Frühjahr 1945 von sowjetischen Truppen betreten wurde, drohte eine „allgemeine Kapitulation“: „Ganze Dörfer waren mit weißen Laken bedeckt. Alte Frauen hoben die Hände, wenn sie einem Soldaten in Uniform der Roten Armee begegneten.“ Hier, so Boris Sluzki, hätten die Soldaten „die blonden Frauen erwischt“. Gleichzeitig „zeigten sich die Österreicher nicht als besonders widerspenstig. Die überwältigende Mehrheit der Bauernmädchen heiratete ‚verderbt‘. Die Frontsoldaten fühlten sich wie Christus in ihrem Busen.“ In Wien wunderte sich ein Führer – ein Bankangestellter – über die Hartnäckigkeit und Ungestümheit der Russen. Er meinte, Tapferkeit genüge, um aus einem Kranz alles herauszuholen, was man wolle. Das heißt, es ging nicht nur um Angst, sondern auch um gewisse Eigenheiten der nationalen Mentalität und des traditionellen Verhaltens.

Und schließlich Deutschland. Und die Frauen des Feindes – Mütter, Ehefrauen, Töchter, Schwestern jener Männer, die von 1941 bis 1944 die Zivilbevölkerung auf dem von der Wehrmacht besetzten Gebiet der UdSSR verhöhnt und misshandelt hatten. Wie sahen sowjetische Soldaten diese Frauen?

Das äußere Erscheinungsbild deutscher Frauen, die sich unter den Flüchtlingen bewegten, wurde von Wladimir Bogomolow in seinem Tagebuch beschrieben: „Frauen – alte und junge – mit Hüten, mit Kopftüchern, mit Turbanen und auch nur mit einem Tuch, wie unsere Frauen. In schicken Mänteln mit Pelzkragen, aber auch in zerlumpten Kleidern undefinierbaren Schnitts ... Viele tragen dunkle Brillen, um nicht gegen die grelle Maisonne blinzeln zu müssen und so ihre Gesichtshaut vor Falten zu schützen ...“

Lew Kopelew erinnerte sich an ein Zusammentreffen mit evakuierten Berlinerinnen in Allenstein: „Auf dem Bürgersteig stehen zwei Frauen. Komplizierte Hüte, bei einer sogar mit Schleier. Mäntel von guter Qualität, und sie selbst sind glatt, glatt.“ Er zitiert die Kommentare sowjetischer Soldaten, die sich auf diese Frauen bezogen: „Hühner“, „Truthähne“, „die wäre schön glatt ...“

Wie verhielten sich die Deutschen bei der Begegnung mit sowjetischen Truppen? In einem Bericht des stellvertretenden Leiters der Politischen Hauptverwaltung der Roten Armee, Schikin, an das Zentralkomitee der KPdSU heißt es, dass fast alle Deutschen auf den Straßen weiße Armbinden an den Ärmeln trugen. Bei der Begegnung mit sowjetischen Soldaten hoben viele Frauen die Hände, weinten und zitterten vor Angst. Doch sobald sie sich davon überzeugt hatten, dass die Soldaten und Offiziere der Roten Armee keineswegs so seien, wie es die faschistische Propaganda dargestellt hatte, legte sich die Angst schnell. Immer mehr Menschen gingen auf die Straßen, boten ihre Hilfe an und bemühten sich auf jede erdenkliche Weise, ihre Loyalität zur Roten Armee zu demonstrieren.

Den stärksten Eindruck auf die sowjetischen Siegerinnen hinterließ jedoch die Demut und Besonnenheit der deutschen Frauen. In diesem Zusammenhang verdient ein Bericht des Mörsermanns N. A. Orlow Beachtung, der sich 1945 über das Verhalten deutscher Frauen äußerte: „Niemand im Minbat tötete deutsche Zivilisten. Unser Sicherheitsbeauftragter war ein Germanophiler. Hätte es solche Vorfälle gegeben, wären die Straforgane schnell eingeschritten. Was Gewalt gegenüber deutschen Frauen betrifft, so scheint mir, dass einige, die darüber sprechen, ein wenig übertreiben. Ich erinnere mich an ein anderes Beispiel: Wir kamen in eine deutsche Stadt, quartierten uns in Häusern ein. Eine Frau – etwa 45 Jahre alt – erscheint und verlangt, den Kommandanten zu sprechen. Man bringt sie zu Marschenko. Sie behauptet, das Viertel zu verwalten, und habe 20 deutsche Frauen versammelt, die bereit seien, den russischen Soldaten sexuell (!) zu dienen. Marschenko verstand Deutsch und übersetzte dem stellvertretenden Politoffizier Dolgoborodow, der neben mir stand, die Aussage der deutschen Frau. Unsere Offiziere reagierten wütend und mit Obszönitäten. Die Frau wurde mitsamt ihrer ‚Abteilung‘ fortgejagt. Im Allgemeinen hat uns der deutsche Gehorsam erstaunt. Wir hatten Partisanenkrieg und Sabotage erwartet. Doch für diese Nation ist Ordnung – Ordnung – das höchste Gut. Wenn man der Sieger ist, stehen sie ‚stramm‘ – und zwar aus Überzeugung, nicht aus Zwang. So ist ihre Psychologie ...“

Einen ähnlichen Vorfall schildert David Samoilow in seinen militärischen Aufzeichnungen: „In Arendsfeld, wo wir uns gerade niedergelassen hatten, erschien eine kleine Gruppe von Frauen mit Kindern. Angeführt wurden sie von einer etwa fünfzigjährigen Deutschen mit einem gewaltigen Schnurrbart – Frau Friedrich. Sie erklärte, eine Vertreterin der Zivilbevölkerung zu sein, und bat darum, die übrigen Einwohner zu registrieren. Wir antworteten, das könne erst geschehen, sobald die Kommandantur eingerichtet sei.

‚Das ist unmöglich‘, sagte Frau Friedrich. ‚Hier sind Frauen und Kinder. Sie müssen registriert werden.‘

Die Zivilbevölkerung bestätigte mit Rufen und Tränen ihre Worte.

Da ich nicht wusste, was ich tun sollte, schlug ich vor, dass sie den Keller des Hauses nutzen sollten, in dem wir untergebracht waren. Sie beruhigten sich, gingen in den Keller und begannen dort auf die Behörden zu warten.

‚Herr Kommissar‘, sagte mir Frau Friedrich selbstzufrieden (ich trug eine Lederjacke), ‚wir verstehen, dass Soldaten gewisse Bedürfnisse haben.‘ Und sie fuhr fort: ‚Sie sind bereit, ihnen einige jüngere Frauen für ...‘

Ich habe das Gespräch mit Frau Friedrich nicht fortgesetzt.“

Nach einem Gespräch mit Berlinerinnen am 2. Mai 1945 schrieb Wladimir Bogomolow in sein Tagebuch: „Wir betreten eines der noch stehenden Häuser. Alles ist still, leblos. Wir klopfen, bitten um Einlass. Auf dem Flur hört man Flüstern, dumpfe und aufgeregte Stimmen. Schließlich öffnet sich die Tür. Frauen ohne Alter, eng zusammengekauert, verbeugen sich ängstlich, tief und unterwürfig. Deutsche Frauen haben Angst vor uns, ihnen wurde erzählt, dass sowjetische Soldaten – insbesondere Asiaten – sie vergewaltigen und töten würden ... Angst und Hass in ihren Gesichtern. Doch manchmal scheint es, als würden sie sich gerne geschlagen geben – so dienstbereit ihr Verhalten, so süß ihr Lächeln, so gefällig ihre Worte. In diesen Tagen kursierten Geschichten darüber, wie ein sowjetischer Soldat eine deutsche Wohnung betrat, um etwas zu trinken zu erbitten, und die deutsche Frau, sobald sie ihn sah, sich auf das Sofa legte und begann, ihre Strumpfhose auszuziehen.“

„Alle deutschen Frauen sind verdorben. Sie haben nichts dagegen, mit ihnen zu schlafen“ – eine solche Meinung war unter den sowjetischen Truppen weit verbreitet. Sie stützte sich nicht nur auf zahlreiche anschauliche Beispiele, sondern auch auf deren unangenehme Folgen, die bald von Militärärzten festgestellt wurden.

Die Weisung des Militärrats der 1. Weißrussischen Front Nr. 00343/Ш vom 15. April 1945 lautete:
„Während des Aufenthalts der Truppen auf feindlichem Territorium hat die Häufigkeit von Geschlechtskrankheiten unter den Militärangehörigen stark zugenommen. Eine Untersuchung der Ursachen dieser Situation zeigt, dass Geschlechtskrankheiten unter den Deutschen weit verbreitet sind. Sowohl vor ihrem Rückzug als auch jetzt verfolgen die Deutschen auf dem von uns besetzten Gebiet die Methode der gezielten Infektion deutscher Frauen mit Syphilis und Gonorrhö, um große Infektionsherde zur Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten unter den Soldaten der Roten Armee zu schaffen.“

Am 26. April 1945 berichtete der Militärrat der 47. Armee:
„... Im März stieg die Zahl der Geschlechtskrankheiten bei Militärangehörigen im Vergleich zum Februar dieses Jahres um das Vierfache. ... Der weibliche Teil der deutschen Bevölkerung in den untersuchten Gebieten ist zu 8–15 % betroffen. Es gibt Fälle, in denen der Feind deutsche Frauen gezielt mit Geschlechtskrankheiten infizierte, um Militärangehörige zu infizieren.“

Zur Umsetzung des Erlasses des Militärrats der 1. Weißrussischen Front Nr. 056 vom 18. April 1945 zur Vorbeugung von Geschlechtskrankheiten unter den Truppen der 33. Armee wurde ein Flugblatt mit folgendem Inhalt veröffentlicht:

„Kameraden, Soldaten!
Ihr werdet von deutschen Frauen verführt, deren Ehemänner durch alle Bordelle Europas gegangen sind, sich selbst infiziert und ihre deutschen Frauen angesteckt haben.
Vor euch stehen jene deutschen Frauen, die von den Feinden absichtlich zurückgelassen wurden, um Geschlechtskrankheiten zu verbreiten und damit die Soldaten der Roten Armee kampfunfähig zu machen.
Wir müssen verstehen, dass unser Sieg über den Feind nahe ist und dass ihr bald zu euren Familien zurückkehren werdet.
Mit welchen Augen wird derjenige, der eine ansteckende Krankheit heimbringt, seine Lieben anschauen können?
Dürfen wir, Soldaten der heldenhaften Roten Armee, eine Quelle von Infektionskrankheiten in unserem Land sein? NEIN! Denn der moralische Charakter eines Soldaten der Roten Armee muss so rein sein wie das Bild seines Vaterlandes und seiner Familie!“

Sogar in den Memoiren von Lew Kopelew, der die Gewaltakte und Plünderungen sowjetischer Soldaten in Ostpreußen mit Empörung beschreibt, finden sich Zeilen, die eine andere Seite der „Beziehung“ zur lokalen Bevölkerung zeigen: „Man verkauft ein Laib Brot – und Frauen und Töchter.“ Der zurückhaltende Ton, in dem Kopelew diese „Geschichten“ wiedergibt, lässt auf Zweifel an ihrer Verlässlichkeit schließen. Sie werden jedoch durch zahlreiche andere Quellen bestätigt.

Wladimir Gelfand beschreibt in seinem Tagebuch seine Beziehung zu einem deutschen Mädchen – der Eintrag stammt vom 26. Oktober 1945, also ein halbes Jahr nach Kriegsende, bleibt jedoch aufschlussreich:
„Ich wollte die Liebkosungen der hübschen Margot in vollen Zügen genießen – Küsse und Umarmungen reichten nicht. Ich hatte mehr erwartet, wagte jedoch nicht zu fordern oder zu insistieren. Die Mutter des Mädchens war mit mir zufrieden. Und wie! Auf den Altar ihres Vertrauens und ihrer Zuneigung legte ich Süßigkeiten, Butter, Wurst, teure deutsche Zigaretten. Schon die Hälfte dieser Produkte hätte genügt, um ein vollständiges Recht zu haben, vor den Augen der Mutter mit der Tochter alles zu tun – und sie hätte nichts dagegen gesagt. Denn Lebensmittel sind heute wertvoller als das Leben selbst, und selbst eine so junge und süße, sinnliche Frau wie die sanfte Schönheit Margot.“

Bemerkenswerte Beobachtungen hinterließ der australische Kriegskorrespondent Osmar White, der 1944–1945 Europa begleitete – im Verband der 3. US-Armee unter dem Kommando von George Patton. Im Mai 1945, nur wenige Tage nach dem Ende der Kampfhandlungen in Berlin, schrieb er:
„Ich ging durch die Nachtlokale, angefangen bei der Femina am Potsdamer Platz. Es war ein warmer und schwüler Abend. Die Luft roch nach Kanalisation und verwesenden Leichen. Die Fassade der Femina war bedeckt mit futuristischen Aktbildern und Werbung in vier Sprachen. Der Ballsaal und das Restaurant waren voller russischer, britischer und amerikanischer Offiziere – begleitet von Frauen (oder auf der Jagd nach ihnen). Eine Flasche Wein kostete 25 Dollar, ein Hamburger mit Pferdefleisch und Kartoffeln 10 Dollar, eine Packung amerikanischer Zigaretten unglaubliche 20 Dollar. Die Wangen der Berlinerinnen waren geschminkt, ihre Lippen so sorgfältig bemalt, als hätte Hitler den Krieg gewonnen. Viele Frauen trugen Seidenstrümpfe. Die Gastgeberin eröffnete das Konzert auf Deutsch, Russisch, Englisch und Französisch. Das provozierte den Spott eines russischen Artilleriekapitäns, der neben mir saß. Er beugte sich zu mir herüber und sagte in einwandfreiem Englisch: ‚So ein schneller Übergang von national zu international! RAF-Bomben sind wirklich großartige Professoren, nicht wahr?‘“

Der allgemeine Eindruck, den europäische Frauen bei den sowjetischen Soldaten hinterließen, war vielfach durch Vergleiche geprägt: Sie galten als schlank und pfiffig – im Gegensatz zu den vom Krieg erschöpften Landsfrauen aus dem halbverhungerten Hinterland, den kürzlich befreiten Gebieten oder den schlichten, in gewaschenen Feldblusen gekleideten Frontfreundinnen. Europäische Frauen wurden als verfügbar, egoistisch, ausschweifend oder feige unterwürfig wahrgenommen. Eine Ausnahme bildeten die jugoslawischen und bulgarischen Frauen. Die rauen und asketischen jugoslawischen Partisaninnen wurden als Kameradinnen betrachtet und galten als unantastbar. In Anbetracht der Strenge der Disziplin in der jugoslawischen Armee „sahen die Partisanenmädchen die Feldfrauen [PW] vermutlich als eine besondere, verdorbene Sorte an.“

Boris Sluzki erinnerte sich an die Bulgarinnen wie folgt: „… Nach der ukrainischen Selbstzufriedenheit, nach der rumänischen Ausschweifung, erstaunte unsere Männer die strenge Unnahbarkeit der bulgarischen Frauen. Fast niemand prahlte mit Eroberungen. Es war das einzige Land, in dem Offiziere fast nie in weiblicher Begleitung, sondern meist mit Männern anzutreffen waren. Später waren die Bulgaren stolz, als man ihnen sagte, dass die Russen nach Bulgarien zurückkehren würden – wegen der einzigen Bräute der Welt, die rein und unberührt geblieben seien.“

Einen angenehmen Eindruck hinterließen die tschechischen Frauen, die die sowjetischen Soldaten als Befreier herzlich empfingen. Verlegene Panzerfahrer, bedeckt mit Öl und Staub, mit Blumen und Kränzen geschmückt, flüsterten einander zu: „… Eine Panzerbraut – das wäre mal was zum Saubermachen. Und ihre Mädchen, verstehen Sie, sie tragen uns. Nette Leute. Ein so aufrichtiges Volk habe ich schon lange nicht mehr erlebt ...“ Die Freundlichkeit und Gastfreundschaft der Tschechen war aufrichtig. „... – Wenn ich könnte, würde ich alle Soldaten und Offiziere der Roten Armee für die Befreiung meines Prags küssen, – sagte ein Prager Straßenbahnfahrer zum allgemeinen anerkennenden Gelächter“, – so beschrieb Boris Polewoi am 11. Mai 1945 die Atmosphäre in der befreiten tschechischen Hauptstadt.

In anderen Ländern jedoch, die die siegreiche Armee durchquerte, genoss der weibliche Teil der Bevölkerung kaum Respekt. „In Europa gaben die Frauen als Erste nach, veränderten sich vor allen anderen ...“, schrieb Boris Sluzki. „Ich war stets schockiert, verwirrt, desorientiert durch die Leichtigkeit – die beschämende Leichtigkeit – der Liebesbeziehungen. Anständige Frauen, eigentlich desinteressiert, wirkten wie Prostituierte – ihre hastige Verfügbarkeit, der Wille, jede Zwischenstufe zu überspringen, kein Interesse an den Beweggründen, die einen Mann dazu bringen, sich ihnen zu nähern. Wie Menschen, die aus dem ganzen Wortschatz der Liebespoesie nur drei obszöne Ausdrücke gelernt haben, reduzierten sie alles auf einige mechanische Bewegungen – das rief bei den misstrauischsten unserer Offiziere Groll und Verachtung hervor ... Die Zurückhaltung, soweit sie existierte, beruhte nicht auf Ethik, sondern auf Angst: Angst vor Ansteckung, vor öffentlicher Bekanntmachung, vor Schwangerschaft.“ Sluzki fügte hinzu, dass in der Situation der Besetzung „die allgemeine Verderbtheit eine besondere weibliche Verderbtheit überdeckte und verbarg, sie unsichtbar und beschämend machte.“

Zu den Faktoren, die zur Verbreitung der „internationalen Liebe“ beitrugen, gehörten jedoch neben der weiblichen Neugier auf „exotische“ Liebhaber und der beispiellosen Großzügigkeit sowjetischer Soldaten gegenüber Frauen ihrer Zuneigung auch das konstante Missverhältnis zwischen Verboten und tatsächlicher Praxis – trotz harter Direktiven des sowjetischen Kommandos. Gerade diese Großzügigkeit, die sowjetische Männer von vielen nüchternen europäischen Männern unterschied, wurde von den Frauen hoch geschätzt.

Unterleutnant Daniil Zlatkin, der ganz am Ende des Krieges auf der dänischen Insel Bornholm eintraf, berichtete in einem Interview, dass das Interesse zwischen russischen Männern und europäischen Frauen durchaus gegenseitig gewesen sei:
„Wir hatten lange keine Frauen gesehen – aber wir mussten ... Und als wir in Dänemark ankamen – da war alles bitte, kostenlos. Sie wollten einen Russen kennenlernen, ihn prüfen, ausprobieren, wie das ist – und es schien besser zu funktionieren als mit den Dänen. Warum? Wir waren uneigennützig und freundlich ... Ich habe einer Unbekannten zu ihrem Geburtstag 100 Rosen geschenkt. Ich habe für eine Schachtel Pralinen einen halben Tisch leergeräumt ...“

Gleichzeitig dachten nur wenige sowjetische Soldaten an ernsthafte Beziehungen oder gar an eine Ehe, da die sowjetische Führung in dieser Frage eine eindeutige Position bezog. In der Resolution des Militärrats der 4. Ukrainischen Front vom 12. April 1945 hieß es:
„1. Erklären Sie allen Offizieren und dem gesamten Personal der Fronttruppen, dass die Ehe mit ausländischen Frauen illegal und strengstens verboten ist.
2. Über alle Fälle von Eheschließungen sowjetischer Militärangehöriger mit ausländischen Frauen sowie über Kontakte unserer Leute mit feindlichen Elementen ausländischer Staaten ist umgehend Befehl zu erstatten, um die Verantwortlichen für mangelnde Wachsamkeit und die Verletzung sowjetischer Gesetze zur Rechenschaft zu ziehen.“

Ein direktives Rundschreiben des Leiters der Politischen Verwaltung der 1. Weißrussischen Front vom 14. April 1945 lautete:
„Laut Mitteilung des Leiters der Hauptverwaltung für Personalfragen beim Volkskommissariat für Verteidigung gehen weiterhin Schreiben von Offizieren der kämpfenden Armee an das Zentrum ein, in denen um Genehmigung von Ehen mit Frauen ausländischer Staaten (Polinnen, Bulgarinnen, Tschechinnen usw.) gebeten wird.
Solche Tatsachen sind als Zeichen abgestumpfter Wachsamkeit und patriotischer Gleichgültigkeit zu bewerten.
Daher ist es in der politischen und erzieherischen Arbeit notwendig, eine tiefgehende Aufklärung über die Unzulässigkeit derartiger Handlungen seitens der Offiziere der Roten Armee zu betreiben.
Allen Offizieren, die die Sinnlosigkeit solcher Ehen nicht begreifen, ist die Unzweckmäßigkeit der Heirat mit ausländischen Frauen bis hin zu einem kategorischen Verbot zu erklären. Kein einziger solcher Fall darf geduldet werden.“

Auch die Frauen hegten keine Illusionen über die Absichten ihrer sowjetischen Partner. „Anfang 1945 glaubten selbst die einfältigsten ungarischen Bäuerinnen unseren Versprechungen nicht mehr. Die europäischen Frauen wussten bereits, dass es uns verboten war, ausländische Frauen zu heiraten, und sie vermuteten, dass es auch Anordnungen gab, die gemeinsame Auftritte in Restaurants, Kinos usw. untersagten. Das hielt sie jedoch nicht davon ab, unsere Männer zu lieben – doch diese Liebe hatte rein ‚verschuldeten‘ [fleischlichen] Charakter“, schrieb Boris Sluzki.

Im Großen und Ganzen muss festgestellt werden, dass sich das Bild der europäischen Frauen, das sich 1944–1945 unter den Soldaten der Roten Armee herausbildete, mit wenigen Ausnahmen als weit entfernt von der leidenden Figur mit gefesselten Händen und hoffnungsvollem Blick auf dem sowjetischen Propagandaplakat „Europa wird frei sein!“ entpuppte.

Anmerkungen

¹ Slutsky, B.: Anmerkungen zum Krieg. Gedichte und Balladen, St. Petersburg 2000, S. 174.
² Ebd., S. 46–48.
³ Ebd.
⁴ Smolnikow, F. M.: Wir sind im Krieg! Das Tagebuch eines Frontsoldaten. Briefe von vorne, Moskau 2000, S. 228–229.
⁵ Slutsky, B.: a. a. O., S. 110, 107.
⁶ Ebd., S. 177.
⁷ Chukhrai, G.: Mein Krieg, Moskau: Algorithmus 2001, S. 258–259.
⁸ Rodin, A.: Dreitausend Kilometer im Sattel. Tagebücher, Moskau 2000, S. 127.
⁹ Samoilov, D.: Menschen einer Option. Aus Militärnotizen, in: Aurora, 1990, Nr. 2, S. 67.
¹⁰ Ebd., S. 70–71.
¹¹ Gelfand, V. N.: Tagebücher 1941–1946, online unter: http://militera.lib.ru/db/gelfand_vn/05.html
¹² Ebd.
¹³ Ebd.
¹⁴ Rodin, A.: a. a. O., S. 110.
¹⁵ Ebd., S. 122–123.
¹⁶ Ebd., S. 123.
¹⁷ Zentralarchiv des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation, F. 372, Op. 6570, D. 76, L. 86.
¹⁸ Slutsky, B.: a. a. O., S. 125.
¹⁹ Ebd., S. 127–128.
²⁰ Bogomolov, V. O.: Deutschland, Berlin. Frühjahr 1945, in: Mein Leben, oder habe ich von dir geträumt?, Unser Zeitgenosse, Nr. 10–12, 2005; Nr. 1, 2006. Online unter: http://militera.lib.ru/prose/russian/bogomolov_vo/03.html
²¹ Kopelev, L.: Behalte für immer, Bd. 1, Moskau: Terra 2004, Kap. 11. Online unter: http://lib.rus.ec/b/137774/read#t15
²² Russisches Staatsarchiv für Sozial- und Politische Geschichte (RGASPI), F. 17, Op. 125, D. 321, L. 10–12.
²³ Interview mit N. A. Orlov, online unter: http://www.iremember.ru/minometchiki/orlov-naum-aronovich/stranitsa-6.html
²⁴ Samoilov, D.: a. a. O., S. 88.
²⁵ Bogomolov, V. O.: a. a. O. (vgl. Anm. 20).
²⁶ Politischer Bericht über die Kommunikation mit dem Personal, Direktive Gen. Stalin Nr. 11072 vom 20.04.1945 in der 185. Schützendivision, 26. April 1945, zitiert nach: Bogomolov, V. O.: a. a. O., http://militera.lib.ru/prose/russian/bogomolov_vo/02.html
²⁷ Ebd.
²⁸ Ebd.
²⁹ Staatsarchiv der Russischen Föderation, F. S. 9401, Op. 2, D. 96, L. 203.
³⁰ Kopelev, L.: a. a. O., Kap. 12, http://lib.rus.ec/b/137774/read#t15
³¹ Gelfand, V. N.: a. a. O.
³² White, O.: Conquerors’ Road: An Eyewitness Account of Germany 1945, Cambridge: Cambridge University Press 2003, XVII, 221 S. Online unter: http://www.argo.net.au/andre/osmarwhite.html
³³ Slutsky, B.: a. a. O., S. 99.
³⁴ Ebd., S. 71.
³⁵ Polevoy, B.: Befreiung von Prag, in: Aus dem sowjetischen Informationsbüro … Publizistik und Essays der Kriegsjahre 1941–1945, Bd. 2: 1943–1945, Moskau: APN-Verlag 1982, S. 439.
³⁶ Ebd., S. 177–178.
³⁷ Ebd., S. 180.
³⁸ Interview mit D. F. Zlatkin, 16. Juni 1997, Persönliches Archiv.
³⁹ Bogomolov, V. O.: a. a. O., http://militera.lib.ru/prose/russian/bogomolov_vo/04.html
⁴⁰ Ebd.
⁴¹ Slutsky, B.: a. a. O., S. 180–181.

Kriegserinnerungen 1942–1945: Ein kommentierter Überblick über neuere Memoiren- und Dokumentarliteratur

Charles de Gaulle: Kriegserinnerungen. Einheit 1942–1944
Im zweiten Band seiner Memoiren widmet Charles de Gaulle den Beziehungen des Französischen Komitees für die Nationale Befreiung zu den Alliierten – der UdSSR, den USA und Großbritannien – breiten Raum. Die umfangreiche Sach- und Quellenbasis macht das Werk zu einer bedeutenden Quelle für die politische Geschichte Frankreichs während des Zweiten Weltkriegs. De Gaulle schildert seine diplomatischen und politischen Strategien, dank derer Frankreich, trotz seiner Niederlage von 1940, als Siegermacht der Nachkriegsordnung anerkannt wurde.

Gunther Bauer: Tod durch ein Zielfernrohr. Neue Memoiren eines Scharfschützen
Die autobiographischen Erinnerungen des Scharfschützen Gunther Bauer bieten einen radikal subjektiven und brutalen Einblick in die Realität des Krieges. Vom Polenfeldzug 1939 über die Luftlandeoperationen bis zum Frankreichfeldzug schildert Bauer seine Erfahrungen als Elitesoldat der Luftwaffe. Das Werk ist zugleich eine zynische Reflexion über das Soldatendasein und ein Beitrag zur radikalisierten Frontliteratur.

Andrey Vasilchenko: Hitlers letzte Offensive. Die Niederlage der Panzerdivisionen
Dieses militärhistorische Werk beleuchtet die letzte große deutsche Offensive im Westen Ungarns Anfang 1945. Ziel war es, die sowjetischen Truppen über die Donau zurückzuwerfen und die ungarischen Ölfelder zu sichern. Die Konzentration der SS-Panzerdivisionen „Leibstandarte“, „Reich“, „Totenkopf“, „Wiking“ und „Hohenstaufen“ bei Plattensee markierte den letzten großen Versuch, das Blatt an der Ostfront zu wenden.

Helmut Welz: Die verratenen Soldaten
Der Autor, ein ehemaliger Pioniermajor der Wehrmacht, rekonstruiert die erbitterten Kämpfe um Stalingrad und schildert das Gefühl der Preisgabe durch die eigene Führung. Die Memoiren verdeutlichen die Zerrissenheit vieler Frontoffiziere zwischen soldatischer Pflicht und wachsender Distanz zur NS-Führung.

Guy Sayer: Der letzte Soldat des Dritten Reiches
Guy Sayer, deutscher Soldat mit französischen Wurzeln, beschreibt seine Einsätze an der Ostfront zwischen 1943 und 1945. In eindringlicher Sprache wird der Rückzug, die Zerstörung und das Leid der Wehrmachtssoldaten in Russland geschildert – aus der Perspektive eines jungen Mannes, der sich selbst und seine Kameraden als bedeutungslos im großen Kriegsgeschehen erfährt.

Yakov Krotov: Militärisches Russland
Krotovs Essay über den „militärischen Staat“ analysiert die strukturelle Militarisierung Russlands, die sich nicht primär im Kriegswesen, sondern in der zivilen Unterordnung und Gehorsamspraxis manifestiere. Der Soldat erscheine als die eigentliche Grundfigur der russischen Gesellschaft – rechtlos, befehlsempfangend, aber kampfbereit.

Bruno Winzer: Soldat der drei Heere
Bruno Winzer, einst Offizier der Reichswehr, der Wehrmacht und der Bundeswehr, beschreibt seinen Lebensweg, der ihn 1960 in die DDR führte. Seine Memoiren thematisieren nicht nur seine militärische Karriere, sondern auch seine zunehmende Entfremdung von der westdeutschen Nachkriegspolitik, was ihn schließlich zur Flucht in den Osten bewegte.

Yuri Lebedev: Auf beiden Seiten des Blockaderings
Basierend auf Zeitzeugendokumenten und Tagebuchfragmenten kontrastiert Lebedev die sowjetische und deutsche Perspektive auf die Belagerung Leningrads. Neben dem sowjetischen Journalisten A. V. Burov kommen auch deutsche Offiziere wie Ritter von Leeb und Unteroffiziere zu Wort. Das Buch bietet einen multiperspektivischen Zugang zu einem der dramatischsten Kapitel des Ostfeldzugs.

Heinrich Haape: Das Grinsen des Todes. 1941 an der Ostfront
Dieses Buch des Oberarztes der 6. Infanterie-Division der Wehrmacht schildert die grausame Realität des Ostfeldzugs aus der Perspektive eines Frontmediziners. Haape marschierte 1941 mit seiner Einheit bis an den Rand Moskaus, behandelte unzählige Verwundete, nahm selbst an Kämpfen teil und wurde mehrfach ausgezeichnet. Seine Erinnerungen verbinden medizinische Präzision mit bedrückender Nähe zum Sterben, Schmerz und der alltäglichen Gewalt des Krieges.

Rostislav Aliev: Erstürmung der Festung Brest
Aliev rekonstruiert minutiös den ersten erfolgreichen Widerstand der Roten Armee gegen die Wehrmacht am 22. Juni 1941. Entgegen der deutschen Erwartung eines raschen Sieges entwickelte sich der Angriff auf die Festung Brest zu einem symbolischen Akt heldenhaften Widerstands. Das Werk basiert auf Archivquellen und bietet eine detaillierte militärhistorische Analyse dieses frühen Kapitels des Großen Vaterländischen Krieges.

Vladislav Konyushevsky: Versuch, zurückzukehren
Ein fiktionaler, aber politisch und historisch reflektierter Roman über einen Zeitreisenden, der sich plötzlich im Jahr 1941 wiederfindet – unmittelbar vor dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion. Der Protagonist muss sich mit minimalem Wissen und Erinnerung in eine brutale Realität einfügen und beginnt, für ein fremdes, aber nun sein eigenes Land zu kämpfen. Der Text beleuchtet, wie sich historische Erfahrung, Instinkt und ethische Entscheidungen unter Kriegsbedingungen vermischen.

Mikhail Svirin: Rüstung ist stark: Die Geschichte des sowjetischen Panzers 1919–1937
Svirins Studie über die Frühgeschichte der sowjetischen Panzerwaffe verbindet technische Analyse mit militärischer Ideologie. Der Panzer erscheint nicht nur als Waffe, sondern als Symbol nationaler Stärke. Das Buch zeichnet die Entwicklung von Prototypen bis zur Einsatzdoktrin nach und erklärt, warum sowjetische Panzer schon vor dem Krieg bei Freunden und Feinden Faszination auslösten.

Mikhail Svirin: Stalins Rüstungsschild. Geschichte der sowjetischen Panzertruppen im Zweiten Weltkrieg
Im Zentrum steht die Entwicklung und der Einsatz sowjetischer Panzerverbände im Kontext des totalen Krieges. Die Studie liefert detaillierte Daten zu Konstruktion, Organisation, Verlusten und operativen Entscheidungen. Gleichzeitig wird deutlich, wie sich die sowjetische Panzerstrategie im Lauf des Krieges veränderte – oft unter extremem politischen und militärischen Druck.

George S. Patton: Krieg, wie ich ihn kannte
Die Erinnerungen des US-Generals George S. Patton gehören zu den bedeutendsten militärischen Ego-Dokumenten des Zweiten Weltkriegs. Patton schildert seine Einsätze in Nordafrika, Italien, Frankreich und Deutschland mit charismatischer Direktheit. Seine Notizen bieten Einblicke in strategische Planungen, aber auch in persönliche Überzeugungen und Mentalitäten eines der schillerndsten Befehlshaber der Alliierten.

Yuri Mukhin: Antirussische Gemeinheit
Mukhin vertritt eine politisch stark gefärbte, revisionistische Interpretation des Katyn-Massakers. Er argumentiert, dass die deutsche Seite die Exhumierungen zur Propaganda nutzte und die polnische Exilregierung sich diesem Narrativ anschloss. Das Buch ist weniger wissenschaftlich als polemisch, aber es illustriert die Kontinuität bestimmter sowjetischer Deutungsmuster nach 1991.

Yuri Skorikov: Festung Sewastopol
Ein auf umfangreicher Archivrecherche basierendes Werk zur Geschichte und Verteidigung der Festung Sewastopol im Krimkrieg (1854–1855). Skorikov beschreibt präzise die technische, bauliche und militärische Dimension der Verteidigung, würdigt aber vor allem den Mut der Matrosen und Pioniere, die fast ein Jahr lang der Belagerung standhielten. Das Buch verknüpft militärische Analyse mit patriotischer Memorialkultur.

Die Rückkehr von Bernhard Schlink

Bernhard Schlinks zweiter Roman Die Rückkehr thematisiert – wie bereits Der Vorleser und Der andere Mann – zentrale Motive wie Liebe und Verrat, Schuld und Verantwortung, Gerechtigkeit und Recht. Im Zentrum steht jedoch das Motiv der Heimkehr: Der Traum vom eigenen Zuhause begleitet den Protagonisten durch gefährliche Reisen, fantastische Verwandlungen und raffinierte Täuschungen. Doch was erwartet ihn nach allen Prüfungen an der eigenen Haustür? Ist ihm seine schöne Frau treu geblieben oder wurde sein Platz längst von einem Betrüger eingenommen?

Quelle: „Tagebuch eines deutschen Soldaten“, M., Tsentrpoligraf, 2007

Aus den Memoiren von G. Pabst entnehme ich nur jene Fragmente, die im Hinblick auf die Erforschung der Realität der Konfrontation zwischen der Roten Armee und der Wehrmacht sowie auf die Reaktion der lokalen Bevölkerung auf die Besatzung von Bedeutung sind.

20.07.1941
Man sieht Einheimische, angeführt von einem lächelnden Soldaten, in unserer Bäckerei für Brot anstehen.

In den Dörfern sind viele Häuser verlassen. Die verbliebenen Bauern tragen Wasser für unsere Pferde. Wir nehmen Zwiebeln und kleine gelbe Rüben aus ihren Gärten und Milch aus Dosen. Die meisten teilen dies gerne.

22.09.1941
An diesem kalten Morgen zu laufen, war ein Vergnügen. Sauberes, weites Land mit großen Häusern. Die Menschen betrachten uns mit Ehrfurcht. Es gibt Milch, Eier und viel Heu. Die Räumlichkeiten sind auffallend sauber, vergleichbar mit deutschen Bauernhäusern. Die Menschen sind freundlich und offen. Für uns ist das kaum zu glauben.

Das Haus, in dem wir wohnten, war voller Läuse. Die zum Trocknen ausgelegten Socken waren von Läuseeiern weiß. Ein alter Russe in fettiger Kleidung, dem wir diese „Fauna“ zeigten, lächelte breit mit zahnlosem Mund und kratzte sich mitleidig am Kopf.

Was für ein Land, was für ein Krieg – in dem es keine Freude über Erfolge, keinen Stolz, keine Zufriedenheit gibt.

Die Leute sind im Allgemeinen hilfsbereit und freundlich. Sie lächeln uns an. Eine Mutter sagte ihrem Kind, es solle uns vom Fenster aus mit dem Löffelstiel winken.

Wir beobachteten, wie die zurückgebliebene Bevölkerung sich eilig mit Plünderungen beschäftigte.

Ich stand allein im Haus, zündete ein Streichholz an – und Käfer fielen auf die Stelle. Der Herd war vollständig schwarz von ihnen: ein unheimlicher lebendiger Teppich.

02.11.1941
Wir bekommen keine neuen Armeestiefel oder -hemden, wenn die alten verschlissen sind: Wir tragen russische Hosen und Hemden, und wenn unsere Schuhe unbrauchbar werden, russisches Schuhwerk und Fußlappen oder improvisieren mit Kopfhörern gegen die Kälte.

Die Offensive in Richtung Moskau wurde gestoppt, etwa hundert Kilometer vor der Hauptstadt – festgefahren im Schlamm und den Wäldern.

01.01.1942
In diesem Haus wurden uns Kartoffeln, Tee und ein Laib Brot angeboten, gemischt mit Roggen- und Gerstenmehl sowie mit Zwiebeln. Wahrscheinlich waren auch einige braune Kakerlaken darin – zumindest habe ich eine zerschnitten.

Franz erhielt schließlich das Eiserne Kreuz. In seiner Auszeichnung heißt es: „Für das Verfolgen eines feindlichen Panzers von Punkt C bis zu einem Nachbardorf und den Versuch, ihn mit einem Panzerabwehrgewehr auszuschalten.“

10.03.1942
In den letzten Tagen haben wir russische Leichen eingesammelt. Nicht aus Pietät, sondern aus hygienischen Gründen. Die verstümmelten Körper wurden auf Haufen geworfen, eingefroren in grotesken Posen. Für sie ist alles vorbei. Sie werden verbrannt. Doch zuvor werden sie von ihrer Kleidung befreit – Russen, Alte und Kinder. Es ist schrecklich. Die Beobachtung dieses Prozesses offenbart einen Aspekt der russischen Mentalität, der kaum zu fassen ist. Sie rauchen, scherzen, lächeln. Kaum zu glauben, dass Menschen aus Europa so unsensibel sein können. Natürlich – woher sollen Europäer verstehen, welchen Wert Hosen und Mäntel für Dorfbewohner haben, selbst wenn sie voller Löcher sind.

Manchen Leichen fehlt der Kopf, andere sind von Granatsplittern zerfetzt. Erst jetzt beginnt man allmählich zu erfassen, was diese Menschen durchlitten – und wozu sie fähig waren.

Die Feldpost machte mich glücklich: Briefe und Päckchen mit Zigaretten, Keksen, Süßigkeiten, Nüssen und ein paar Handwärmern. Ich war gerührt.

Merken wir uns diesen Moment!

Unser Russe Wassil kommt gut mit der Batterie zurecht. Wir fanden ihn mit dreizehn Kameraden in Kalinin. Sie blieben im Kriegsgefangenenlager zurück, wollten nicht mehr in der Roten Armee dienen. Wassil sagt, dass er nicht nach Deutschland will, sondern lieber bei der Batterie bleibt.

Gestern hörten wir sie (die Russen) in ihren Unterständen singen. Das Grammophon jaulte, der Wind trug Fetzen von Propagandareden. Genosse Stalin gab Wodka aus – es lebe Genosse Stalin!

Durch allgemeines Wohlwollen, freundliche Toleranz und unerschütterlich gute Laune wird in den Unterständen Ordnung gehalten. All dies bringt sogar in die unangenehmste Lage ein wenig Fröhlichkeit. Merken Sie sich das zum späteren Vergleich.

Es scheint, dass die Russen nicht können – aber wir wollen nicht.

Wie müde bin ich von diesen schmutzigen Straßen! Es ist unerträglich, sie anzusehen – Regen, knöchelhoher Schlamm, einander ähnliche Dörfer.

Ein Land der Extreme. Mäßigung zeigt sich in nichts. Hitze und Kälte, Staub und Schlamm. Alles ist hektisch, ungezähmt. Sollte man nicht erwarten, dass die Menschen auch so sind?

In der Stadt gab es viele zerstörte Gebäude. Die Bolschewiki hatten alle Häuser niedergebrannt. Einige wurden bombardiert, viele jedoch durch Brandstiftung zerstört.

24.08.1942
Seit Anfang Juli rücken sie hier nun vor. Das ist unglaublich. Sie müssen schreckliche Verluste haben. Es gelingt ihnen selten, ihre Infanterie überhaupt in Reichweite unserer Maschinengewehre zu bringen. Doch dann tauchen sie wieder auf, bewegen sich im offenen Gelände und stürmen in den Wald, wo sie von unserer schweren Artillerie und Sturzkampfbombern unter Beschuss genommen werden. Natürlich haben auch wir Verluste, aber sie stehen in keinem Verhältnis zu denen des Feindes.

Ihre Mutter hat heute aus freien Stücken den Unterstand gereinigt – glaub es oder nicht...

An der Tür sah ich zwei Frauen, jede mit einem Paar Eimer an einem hölzernen Joch. Sie fragten freundlich: „Genosse, waschen?“ Sie wollten mir einfach so folgen...

Und doch halten sie durch, Alte, Frauen und Kinder. Sie sind stark. Schüchtern, erschöpft, gutmütig, schamlos – den Umständen entsprechend. Da ist ein Junge, der seine Mutter im Hintergarten begraben hat, wie man ein Tier begräbt. Er stampfte den Boden fest, ohne ein Wort zu sagen – keine Tränen, kein Kreuz, kein Stein. Da ist die Frau eines Priesters, fast blind vor Tränen – ihr Mann wurde nach Kasachstan verbannt. Sie hat drei Söhne, von denen niemand weiß, wo sie sind. Die Welt ist zusammengebrochen, die natürliche Ordnung längst zerstört.

Um uns herum brannten die Dörfer in weitem Kreis – ein schrecklicher und zugleich schöner Anblick, atemberaubend in seiner Pracht und zugleich ein Albtraum. Ich selbst warf mit eigenen Händen brennende Scheite in die Schuppen und Ställe auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

Das Thermometer fiel auf minus 45 Grad. Mitten im Krieg haben wir eine Insel des Friedens geschaffen, in der Kameradschaft selbstverständlich ist und man immer jemanden lachen hört.

25.01.1943
Zwischen unserem eigenen Graben und dem Stacheldraht des Feindes konnten wir fünfhundertfünfzig Leichen zählen. Die Zahl der erbeuteten Waffen betrug acht schwere und leichte Maschinengewehre, dreißig Maschinenpistolen, fünf Flammenwerfer, vier Panzerabwehrgewehre und fünfundachtzig Gewehre. Es war ein russisches Strafbataillon von eintausendvierhundert Mann. Bestätigt wird hier tatsächlich die Theorie vom „Gewehr für fünf“. Mit dem einzigen Unterschied, dass das Bataillon ein Strafbataillon war. „Erlöst“, also durch Blut.

24.04.1943
Ich kann mich nicht erinnern, wie oft wir im ersten Kriegssommer aufrichtige Bewirtung durch russische Bauern erfuhren, wie sie uns auch ohne Aufforderung ihre bescheidenen Leckereien reichten.

Ich sah wieder Tränen auf dem ausgemergelten Gesicht der Frau, die die ganze Schwere ihres Leidens ausdrückten, als ich ihrem Kind ein Bonbon gab. Ich spürte die alte Hand meiner Großmutter auf meinem Haar, als sie mich, den ersten schrecklichen Soldaten, mit zahlreichen Verbeugungen und einem altmodischen Handkuss empfing.

Ich stand mitten im Dorf und verteilte Süßigkeiten an die Kinder. Ich wollte noch einem Jungen eines geben, doch er lehnte ab, sagte, er habe schon eines bekommen – und trat lächelnd zurück. Zwei Bonbons, stell dir vor – das ist zu viel...

Wir brennen ihre Häuser nieder, holen ihre letzte Kuh aus dem Stall, holen die letzten Kartoffeln aus den Kellern. Wir ziehen ihnen die Stiefel aus, schreien sie an, behandeln sie grob. Und dennoch sammeln sie ihr Bündel und ziehen mit uns fort – aus Kalinin und aus allen Dörfern entlang der Straße. Wir stellen ein spezielles Team zur Verfügung, das sie ins Hinterland bringt. Alles nur, um nicht auf der anderen Seite zu sein! Welch eine Spaltung, welch ein Kontrast! Was müssen diese Menschen durchgemacht haben! Welch eine Mission, ihnen Ordnung und Frieden zu bringen, Arbeit und Brot!

Was lässt sich über diese Memoiren im Allgemeinen sagen? Als wären sie nicht von einem Nazi-Besatzer verfasst worden, sondern von einer Art kriegerischem Befreier. Vielleicht stellte er das Erwünschte als Realität dar. Vielleicht verschwieg er manches. Vielleicht wollte G. Pabst mit diesen Aufzeichnungen sein Gewissen beruhigen. Zugleich wird deutlich: Die deutsche Armee hatte neben Intellektuellen wie ihm auch genügend grausame und gewissenlose Männer in ihren Reihen. Aber klar ist auch: Nicht alle Hitleristen waren Faschisten. Vielleicht war das sogar eine Minderheit. Nur die sowjetische Propaganda konnte es sich leisten, alle von Hitler mobilisierten Deutschen als Zerstörer und Peiniger darzustellen – sie erfüllte damit ihre Aufgabe: den Hass auf den Feind zu schüren.

G. Pabst verschweigt jedoch nicht, dass die Wehrmacht die eroberten Dörfer und Städte zerstörte. Und wichtig ist auch: Der Autor hatte keine Gelegenheit, seine Notizen ideologisch zu „korrigieren“. Er fiel 1943 und war vorher nie offizieller Kriegsberichterstatter.

Es ist auch bezeichnend, dass für den Deutschen jeder „Russe“ ein „Iwan“ war, obwohl er auf seinem Weg sowohl Ukrainer als auch Weißrussen traf. Diese Haltung gegenüber „den Russen“ – und die Gegenseitigkeit dieser Sicht – war nicht immer symmetrisch.

Im nächsten Abschnitt werden wir Auszüge aus dem Tagebuch eines sowjetischen Soldaten betrachten und zentrale Punkte vergleichen. Dabei sei betont: Die Auswahl der Tagebücher erfolgte nicht gezielt, sondern auf stichprobenartiger Basis.

Die Wahrnehmung sowjetischer Frauen durch deutsche Soldaten

Das Bild sowjetischer Frauen, das sich in den Köpfen deutscher Invasoren herausbildete, beruhte auf nationalsozialistischer Propaganda: In den Weiten des Ostens lebten angeblich halbwilde, zügellose Frauen ohne Intelligenz, denen jegliches menschliches Tugendgefühl fehlte.

Doch nach dem Überschreiten der sowjetischen Grenze mussten die deutschen Soldaten feststellen, dass die ihnen eingetrichterten Stereotypen der Realität nicht entsprachen.

Barmherzigkeit

Unter den erstaunlichen Eigenschaften sowjetischer Frauen betonten deutsche Soldaten vor allem ihre Barmherzigkeit und das Fehlen von Hass gegenüber der feindlichen Armee.

In den Aufzeichnungen von Major Kühner finden sich Beschreibungen von Bäuerinnen, die trotz Not und Trauer ihre letzten Vorräte mit notleidenden deutschen Soldaten teilten. Dort heißt es auch: „Wenn wir beim Marschieren Durst verspürten, gingen wir in ihre Hütten – und sie gaben uns Milch.“ Damit gerieten die Eindringlinge in ein moralisches Dilemma.

Kaplan Keeler, der als Sanitätssoldat eingesetzt war, wurde Gast bei der 77-jährigen Großmutter Alexandra: „Wir kämpfen gegen sie, und doch strickt sie mir Socken... Sie scheint keine Feindschaft zu empfinden. Arme Leute, die ihr Letztes mit uns teilen. Tun sie das aus Angst? Oder ist es angeborene Selbstaufopferung? Oder reine Gutmütigkeit – oder sogar Liebe?“

Kühlers Verwirrung rührte vor allem von dem stark ausgeprägten Mutterinstinkt sowjetischer Frauen her, über den er schrieb: „Wie oft habe ich russische Bäuerinnen über verwundete deutsche Soldaten schreien sehen – als wären es ihre eigenen Söhne.“

Moral

Der eigentliche Schock für die deutschen Invasoren bestand in der hohen moralischen Haltung der sowjetischen Frauen. Die von der faschistischen Propaganda verbreitete These über die Promiskuität „orientalischer Damen“ erwies sich als vollkommen haltlos und ohne jede Grundlage.

Der Wehrmachtssoldat Michels schrieb zu diesem Thema: „Was hat man uns über eine Russin erzählt? Und wie haben wir sie dann erlebt? Ich denke, es gibt kaum einen deutschen Soldaten, der in Russland war und nicht gelernt hat, eine Russin zu achten und zu respektieren.“

Alle Frauen aus den besetzten Gebieten der Sowjetunion, die zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt wurden, wurden zunächst einer medizinischen Untersuchung unterzogen – und dabei kamen höchst unerwartete Details ans Licht.

Der Arzthelfer Eirich, Ordonnanz Gamm, vermerkte in seinem Notizbuch: „Der Arzt, der die russischen Mädchen untersuchte, war von den Ergebnissen tief beeindruckt: 99 % der Mädchen im Alter zwischen 18 und 35 Jahren erwiesen sich als keusch“, mit dem Nachsatz: „Er meint, in Orjol wäre es unmöglich gewesen, überhaupt Mädchen für ein Bordell zu finden.“

Ähnliche Beobachtungen machten auch verschiedene Firmen, in denen sowjetische Mädchen eingesetzt wurden – etwa das Werk Wolfen, dessen Vertreter feststellten: „Es scheint, dass ein russischer Mann seiner Frau große Aufmerksamkeit schenkt – was sich am Ende auch in der moralischen Haltung der Frauen niederschlägt.“

Der Schriftsteller Ernst Jünger, der selbst in der Wehrmacht diente, hörte vom Stabsarzt von Grevenitz, dass alle Daten über sexuelle Ausschweifung östlicher Frauen eine reine Täuschung seien. Jünger erkannte, dass ihn seine Intuition nicht getrogen hatte. Mit seiner Fähigkeit, in Seelen zu blicken, schrieb er über junge Russinnen: „Ein Glanz der Reinheit umgibt ihre Gesichter. Dieses Licht hat nicht das Funkeln aktiver Tugend, sondern gleicht vielmehr dem Widerschein des Mondlichts. Gerade darin aber liegt eine große Kraft.“

Bedienbarkeit

Der deutsche Panzergeneral Leo Geyr von Schweppenburg hob in seinen Memoiren die „Zuverlässigkeit und körperliche Leistungsfähigkeit“ russischer Frauen hervor. Diese Eigenschaft wurde auch von der NS-Führung erkannt, die beschloss, Frauen aus den besetzten Ostgebieten als Haushaltshilfen in Wohnungen verdienter Parteigenossen einzusetzen.

Zu ihren Aufgaben gehörte die gründliche Reinigung der Wohnungen – eine Arbeit, die viele verwöhnte deutsche Hausfrauen als zu beschwerlich empfanden und die ihre „kostbare Gesundheit“ gefährdete.

Sauberkeit

Einer der Gründe für den Einsatz sowjetischer Frauen im Haushalt war ihre sprichwörtliche Sauberkeit. Deutsche Soldaten, die in die einfachen Hütten der Zivilbevölkerung eindrangen, zeigten sich oft überrascht über Ordnung, volkstümliche Ausstattung und liebevoll gepflegte Details.

Statt auf die erwarteten „Barbaren“ trafen sie auf gepflegte Frauen mit ordentlichen Haaren, sauberen Kleidern und einem Sinn für Körperhygiene. Ein leitender Mitarbeiter des Dortmunder Gesundheitsamts berichtete erstaunt: „Ich war tatsächlich überrascht vom guten Aussehen der Arbeiterinnen aus dem Osten.“

Die größte Überraschung aber waren die Zähne: „Ich habe bislang keinen einzigen Fall gesehen, in dem eine Russin schlechte Zähne hatte. Offenbar achten sie sehr darauf, ihre Zähne in Ordnung zu halten – im Gegensatz zu vielen Deutschen.“

Kaplan Franz, der aus beruflicher Disziplin eigentlich nicht das Recht hatte, eine Frau mit den Augen eines Mannes zu betrachten, äußerte sich zurückhaltend, aber eindeutig: „Was russische Frauen betrifft (wenn ich das so formulieren darf), so hatte ich den Eindruck, dass sie sich mit einer besonderen inneren Stärke unter der moralischen Kontrolle eines Volkes halten, das man vorschnell für barbarisch hält.“

Familienbande

Die Behauptungen nationalsozialistischer Agitatoren, wonach die sowjetische Führung die Familie als Institution zerstört habe, hielten der Wirklichkeit nicht stand.

Aus den Feldpostbriefen deutscher Soldaten erfuhren ihre Verwandten, dass sowjetische Frauen keineswegs gefühllose Maschinen seien, sondern liebende und aufopferungsvolle Töchter, Mütter, Ehefrauen und Großmütter. Ihre familiären Bindungen waren oft inniger und wärmer als in Deutschland. Bei jeder Gelegenheit suchten sie Kontakt zu ihren Angehörigen, halfen sich gegenseitig, teilten Nahrung und Unterkunft.

Diese enge familiäre Solidarität beeindruckte viele deutsche Beobachter tief – sie passte nicht in das von der Propaganda gezeichnete Bild einer „entmenschlichten Sowjetgesellschaft“.

Frömmigkeit

Tief beeindruckt waren die Nationalsozialisten von der aufrichtigen Frömmigkeit vieler sowjetischer Frauen, die es trotz der offiziellen Religionsverfolgung in ihrem Land verstanden, eine innige Verbindung zu Gott in ihrer Seele zu bewahren. Während sie von einer Siedlung zur nächsten zogen, entdeckten Hitlers Soldaten zahlreiche Kirchen und Klöster, in denen weiterhin Gottesdienste abgehalten wurden.

Major K. Kühner berichtete in seinen Erinnerungen von zwei Bäuerinnen, die zwischen den Trümmern einer von deutschen Truppen niedergebrannten Kirche inbrünstig beteten.

Überrascht zeigten sich die Nationalsozialisten auch von weiblichen Kriegsgefangenen, die sich weigerten, an kirchlichen Feiertagen zu arbeiten. Während in einigen Lagern die Wachen auf die religiösen Gefühle der Häftlinge Rücksicht nahmen, wurde in anderen Fällen der Ungehorsam mit dem Tod bestraft.