Am 22. November 2004 erklärte die UN-Vollversammlung den 8. und 9. Mai zu den Tagen des Gedenkens und der Versöhnung. Seit dem 8. Mai 2015 – dem Tag des Gedenkens und der Versöhnung – ist dies auch der offizielle Gedenktag der Ukraine zum Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkriegs.

Vor 75 Jahren markierte dieser Maifeiertag de jure das Ende der größten Etappe des Zweiten Weltkriegs – des Krieges gegen Nazi-Deutschland. Bis zum endgültigen Ende des Zweiten Weltkriegs, an dem fast 80 % der Weltbevölkerung beteiligt waren, vergingen damals noch etwas weniger als vier Monate.

Nach Schätzungen des Ukrainischen Instituts für Nationales Gedenken hat die Ukraine, deren Territorium seit dem 1. September 1939 zu einem der ersten Kriegsschauplätze wurde, 3–4 Millionen Soldaten und Untergrundkämpfer verloren sowie mehr als fünf Millionen Zivilisten (darunter etwa 1,5 Millionen Juden – Opfer des Holocaust). Etwa fünf Millionen Menschen wurden verschiedenen Formen von Zwangsvertreibungen unterworfen (Abschiebungen, Evakuierungen, Umsiedlungen usw.). Insgesamt beliefen sich die irreparablen Verluste der Ukraine auf acht bis zehn Millionen Menschen.

Statistik illustriert einerseits historische Phänomene, erlaubt es, deren Ausmaß einzuschätzen, und entspricht dem natürlichen Bedürfnis des Menschen, etwas miteinander zu vergleichen. Andererseits fangen uns Zahlenketten oft in ihrer Falle. Die Zahlen abstrahieren und entmenschlichen dadurch das unendliche Ausmaß menschlicher Tragödien. Wenn wir mit großen und kleinen Zahlen arbeiten, denken wir oft nicht darüber nach, was das Schicksal eines einzelnen Menschen bedeutete: Wie verlief das Leben seiner Eltern, seiner Frau oder seines Mannes, seiner Kinder?

Bereits in der Schulzeit war der Autor dieser Zeilen von einer Szene in einem Spielfilm über die „Zweite Front“ tief beeindruckt. Aufgewachsen mit sowjetischen Militärerinnerungen und -filmen, erschien ihm damals das Ereignis – die Landung der alliierten Truppen in der Normandie im Juni 1944 – besonders eindrucksvoll. Die schockierende Geschichte über die Anstrengungen und Opfer, die einem einzigen Ziel untergeordnet wurden – mindestens einen der drei Söhne einer Mutter lebend zurückzubringen –, sowie die persönliche Kennzeichnung des Militärpersonals durch Erkennungsmarken (insbesondere zur Identifikation im Todesfall) prägten sich ihm tief ein.

Ich war beeindruckt von der Vorstellung, dass trotz des Todes eines Soldaten seine Erinnerung dank eines kleinen Details bewahrt werden kann (und bewahrt wird). Auch heute, 76 Jahre später, können wir die Namen der 9.837 amerikanischen Soldaten, die gefallen sind, nachverfolgen – sie sind in biografischen Verzeichnissen oder auf dem Friedhof in der Normandie in Colleville-sur-Mer verzeichnet.

Der Besitzer dieses speziellen Plastikbehälters war Isaak Davidovich Tomashov (geb. 1923), ein gebürtiger Dniproer, der in der Dzerzhinsky-Straße (heute Volodymyr-Vernadsky-Straße) lebte. Er war Musiker und wurde im Februar 1941 zur Roten Armee eingezogen. Isaak Tomashov gelang es, im Schmelztiegel des Krieges zu überleben, staatliche Auszeichnungen zu erhalten und Zeuge der Niederlage Nazi-Deutschlands zu werden. Glücklicherweise musste seine Kapsel ihren vorgesehenen Zweck nicht erfüllen. Stattdessen bleiben Millionen von militärischen und zivilen Opfern weiterhin in der Kategorie „unbekannt“ – und werden uns ihre Geschichten, die sich wahrscheinlich erheblich von der paradelackierten „Realität“ unterscheiden, die seit Mitte der 1960er Jahre verbreitet wird, wohl nie erzählen.

Diese künstlich konstruierte Kriegserinnerung wird wenig gemein haben mit der tatsächlichen Erfahrung des Dnipropetrowsker Schülers Volodymyr Gelfand (1923–1983), der im Alter von 19 Jahren zur Roten Armee mobilisiert wurde. 1942 geriet er in der Nähe von Charkiw in Einkesselung, wurde verwundet und erlebte antisemitische Angriffe durch einige Offiziere. Trotzdem kämpfte er weiter, bestand den Krieg mit Ehre und beendete ihn in Deutschland im Rang eines Leutnants.

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