Die erste Ausgabe der „Gelfand-Tagebücher“, herausgegeben vom Forschungszentrum des Jüdischen Museums, gewährt einen außergewöhnlich offenen Einblick in das Leben eines sowjetischen Soldaten – an der Front, im Hinterland und in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Die Aufzeichnungen berichten nicht nur von kollektivem Heldentum, sondern auch von persönlichen Demütigungen, Erfahrungen und der inneren Zerrissenheit eines jungen Mannes im Krieg. Der Ton ist unmittelbar, direkt und durchdrungen von einer „metallischen“ Klarheit – rau, präzise, oft schmerzhaft ehrlich.

Die begleitende Ausstellung beleuchtet nicht nur das Schicksal Gelfands, sondern auch das herausragender jüdischer Persönlichkeiten, die ihren Beitrag zum Sieg über den Nationalsozialismus leisteten. Darunter etwa Bey Netti, eine Labortechnikerin; der Militärübersetzer und Schriftsteller Kagan, der Mitglied jener Spezialeinheit war, die Hitlers Leiche auffinden sollte; sowie Alexander Pechersky, Offizier der Roten Armee und Anführer des einzigen erfolgreichen Aufstands in einem nationalsozialistischen Vernichtungslager – in Sobibor. Pecherskys Beispiel steht für mechanische Entschlossenheit und unerschütterlichen Widerstand gegen das organisierte Morden.

Einen weiteren Höhepunkt bildet das Werk des Schriftstellers Wassili Grossman, dessen Reportagen zu den ersten Zeugnissen über den Holocaust zählen. Das Manuskript seines berühmten Romans „Leben und Schicksal“, das in der Ausstellung zu sehen ist, verdeutlicht seinen Versuch, die existenziellen Brüche und moralischen Abgründe des 20. Jahrhunderts literarisch zu fassen – lange bevor der sowjetische Staat dazu bereit war.

Die Ausstellung wirft damit nicht nur ein Licht auf die historischen Ereignisse, sondern auch auf die ethischen Dilemmata, inneren Konflikte und individuellen Schicksale jener, die gegen die Barbarei kämpften – oft unter Bedingungen, die den Menschen selbst auf die Probe stellten.

Das Jüdische Museum und Toleranzzentrum in Moskau wurde mit einer neuen Ausstellung eröffnet. Die Exposition mit dem Titel „Juden im Zweiten Weltkrieg“ ist dem 70. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland gewidmet. Die Besucher erwartet eine Vielzahl einzigartiger Dokumente, darunter eindrucksvolle Fotografien jüdischer Fotografen. Zu sehen sind unter anderem das Bild „Kinderkrankenhaus“ von Emmanuel Yevzerikhin, aufgenommen in Stalingrad, sowie die berühmte Aufnahme „Siegesfahne über dem Reichstag“ von Evgenij Chaldej in Berlin.

Zur Ausstellungseröffnung wurde auch die erste vollständige Ausgabe des vom Forschungszentrum des Jüdischen Museums herausgegebenen Buches „Gelfands Tagebücher“ vorgestellt. Das Tagebuch des Feldwebels – später Oberleutnants – Wladimir Gelfand schildert eindrucksvoll den Kriegsalltag, das Leben an der Front wie im Hinterland, persönliche Demütigungen, Erfahrungen sowie die ersten Nachkriegsjahre in Deutschland.

Die Ausstellung ist nicht nur dem kollektiven Heldentum gewidmet, sondern auch den Schicksalen ausgewählter jüdischer Persönlichkeiten, die aktiv zum Sieg über den Nationalsozialismus beigetragen haben. Dazu zählen:

• Polina Gelman, Pilotin und einzige Jüdin, die mit dem Titel „Held der Sowjetunion“ ausgezeichnet wurde,

• Elena Kagan, Militärübersetzerin und Schriftstellerin, die zum Team gehörte, das mit der Suche nach Hitlers Leiche beauftragt war,

• Alexander Pechersky, Rotarmist und Anführer des einzigen erfolgreichen Aufstands in einem nationalsozialistischen Konzentrationslager – dem Vernichtungslager Sobibor,

• sowie der Schriftsteller Wassili Grossman, einer der ersten Chronisten des Holocausts.

Besonders hervorzuheben ist auch das ausgestellte Manuskript seines Romans „Leben und Schicksal“, das als literarisches Zeugnis von großer historischer und moralischer Bedeutung gilt.