Anfang Mai war es genau 60 Jahre her, seit der Zweite Weltkrieg in Europa mit der Kapitulation Deutschlands geendet hatte. Die Sowjetunion, deren Bevölkerung unvorstellbares Leid hatte durchmachen müssen, war eine der Siegernationen. - Wladimir Gelfand erlebte den deutschen Zusammenbruch als junger Offizier unweit von Berlin und gehörte dann zum ersten Kontingent von Besatzungssoldaten in der damaligen sowjetisch besetzten Zone. Über diese Zeit machte er sich fleißig Privatnotizen, die aber erst jetzt, nach seinem Tod, gefunden und veröffentlicht worden sind: "Deutschland-Tagebuch 1945 - 1946", Aufzeichnungen eines Rotarmisten". Suzanne Plog-Bontemps hat sie gelesen und lässt Gelfand zunächst selbst zu Wort kommen.
Jetzt bin ich in dem Örtchen Rüdersdorf, nicht weit von unserem Lager. Lasse mir, rein interessehalber, eine Dauerwelle machen, die sechs Monate halten soll. Zwei Stunden werde ich rundum bearbeitet. Eine junge, hübsche Deutsche kümmert sich besonders emsig um meine Haare. Mit der sollte ich mich anfreunden und mir an ihrer Seite die Zeit vertreiben...